© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/17 / 23. Juni 2017

„Ich bin entsetzt und empört“
Regina Sieferle protestierte bei der FAZ, die den Fall ausgelöst hat, gegen die Verdammung ihres Mannes – vergeblich
Moritz Schwarz

Frau Sieferle, warum haben Sie sich persönlich an die „FAZ“ gewendet?

 Regina Sieferle:  Weil ich entsetzt und empört bin über das Bild, das Jan Grossarth dort von meinem Mann zeichnet. Auch zwei Freunde, die Grossarth für seinen Artikel interviewt hatte, sind entrüstet – insbesondere über seinen Vertrauensbruch.

Haben Sie Grossarth darauf angesprochen?

Sieferle: Ich habe ihm ob der Entstellungen, Unwahrheiten, Übertreibungen, Schamlosigkeiten in seinem Schmähartikel geschrieben und um Richtigstellung gebeten. Nichts passierte, stattdessen versuchte er mich zu beschwichtigen. Dann schrieb der Kollege und Freund meines Mannes, Professor Kolb aus Basel an die FAZ – und wurde ignoriert.

Wissen Sie, warum?

Sieferle: Professor Kolb hat die Arbeitsweise Grossarths drastisch kritisiert. Ein Abdruck hätte also die Schamlosigkeit und Bosheit Grossarths offenbart. Ich schrieb erneut, nicht mehr an Grossarth, sondern der FAZ direkt – nichts. Erst viel später, als mein Brief auf Facebook zu lesen war, druckte ihn die FAZ. Überschrift: „Etwas mehr Rücksicht“ – doch nicht um Rücksicht hatte ich gebeten, sondern um Redlichkeit.

Was denken Sie über dieses Verhalten?

Sieferle: Ehrlich gesagt bin ich nicht enttäuscht. Denn, so traurig es ist, ich hatte nichts anderes erwartet. Die FAZ hat längst eine politische Wende vollzogen. Und daß sie Redakteure wie Gross­arth beschäftigt, disqualifiziert sie in meinen Augen.

Können Sie sich erklären, warum Gross­arth, der doch offenbar das Vertrauen Ihres Mannes genoß, nun so über ihn schreibt?

Sieferle: Ich kenne ihn nicht persönlich, aber offenbar hat er meinen Mann schon vor Jahren zum Gespräch getroffen. Sein Verhalten kann ich mir nicht erklären, denn mein Mann hatte keine Feinde. Er war ein warmherziger, großzügiger und entgegenkommender Mensch. Da Herr Grossarth also keinen persönlichen Grund hat, ihn herabzusetzen, kommt als Erklärung nur eine gezielte Denunziationskampagne in Frage.

Konkret?

Sieferle: Natürlich habe ich Vermutungen, möchte sie aber, da unbewiesen, nicht äußern. Wäre es nicht Grossarth gewesen, so jemand anderes. Im politischen Vernichtungskampf heutzutage ist offensichtlich alles erlaubt. Und so etwas wie Anstand gibt es bei den Grossarths dieser Welt eben nicht.

Können Sie ein Beispiel für eine Unwahrheit geben, die Grossarths Text Ihrer Ansicht nach enthält?

Sieferle: Mein Mann litt weder an Hautkrebs, noch war er dabei zu erblinden. Grossarths Psychodiagnose – nach der ihn Krankheit hätte verbittern lassen, womit sich sein angeblicher Extremismus erkläre – ist einfach lächerlich. Über die Gründe für den Freitod meines Mannes kann auch ich nur mutmaßen. Ich denke, die politische Situation Deutschlands hat eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Grossarth stand vor dem Problem, den früheren „guten“, „grünen“ Sieferle für den linken Mainstream erhalten zu müssen. Schließlich hatte man von ihm profitiert, gemeinsam veröffentlicht, die Hochschulkarriere vorangetrieben. Andererseits mußte er den späteren, angeblich „giftigen“ und „rechtsradikalen“ Sieferle vernichten.

„Medien verurteilen das Buch – ohne es gelesen zu haben“

Krankheit, Verbitterung, Vereinsamung wurden also behauptet, um einen biographischen Bruch glaubhaft zu machen?

Sieferle: Ja, dabei hatte mein Mann schon 1994 in seinem Buch „Epochenwechsel“ auf die Gefahren der Masseneinwanderung hingewiesen. Ich sehe da eine direkte Kontinuität. Die Verbitterungthese ist schon deshalb Humbug, weil mein Mann „Finis Germania“ mit großer Wahrscheinlichkeit in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre verfaßt hat, es also noch vom „guten“ Sieferle stammt.

Was denken Sie über „Finis Germania“?  

Sieferle: Es ist ein sehr poetisches Werk. Man spürt die Kraft und Wahrheit des Textes. Das ist es wohl auch, warum auf Twitter und im Netz das Interesse daran nicht nachläßt –  und warum der politische Gegner auf Vernichtung aus ist.

 Was hat die Affäre Sie gelehrt?

Sieferle: Die Gleichschaltung unserer Medien ist erschreckend! Ebenso die Unverfrorenheit, mit der gelogen und gefälscht wird  – und das  auf einem geradezu erbärmlichen Niveau. So geben etwa die zwei Redakteure des Deutschlandfunks, die in ihrem Bericht „Finis Germania“ verurteilen und verdammen, in dem Beitrag wörtlich zu, das „böse“ Buch gar nicht gelesen zu haben! Man meint, man hört nicht recht! Oder: Ein bekannter Kulturjournalist der SZ hält „Finis Germania“ vor, „keinen Gegenvorschlag zur Vergangenheitsbewältigung“ – oder wie Michael Klonovsky so schön schreibt, „keinen Gegenvorschlag zum Sterben“ – zu machen. Deshalb, so der bekannte Journalist, gehöre „Finis Germania“ nicht auf den „Gabentisch“ und sei auch nicht als Lektüre „fürs Flugzeug“ geeignet. Ja geht es noch abgeschmackter? Finis Germania! In der Tat! Oder zeitgemäß: „Deutschland, du hast fertig!“

 

Regina Sieferle: Als Regina Jordan 1951 im hessischen Bad Wildungen geboren, heiratete die damalige Gymnasiallehrerin Rolf Peter Sieferle 1976.

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