© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/17 / 16. Juni 2017

Umwelt
Große Versprechen
Jörg Fischer

Mit Politikerversprechen ist das so eine Sache. „Wir dürfen nicht mehr so zaghaft sein bei ertappten ausländischen Straftätern“, tönte vor 20 Jahren Gerhard Schröder in der Bild am Sonntag. „Wer unser Gastrecht mißbraucht, für den gibt es nur eins: Raus, und zwar schnell.“ Dies verhalf ihm 14 Monate später zum Einzug ins Kanzleramt – doch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts machte aus Gästen Unabschiebbare. Angela Merkel versprach 2013, mit ihr werde es „keine Pkw-Maut geben“. Doch ab 2018 soll jedes Auto mit Verbrennungsmotor auf deutschen Autobahnen abkassiert werden. Auch ihr Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 kassierte die CDU-Chefin auf einem Fraktionskongreß im Mai klammheimlich ein: „Wie es im Moment aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen.“ Ihre milliardenschwere Förderprämie half nichts.

Die Fischmanufaktur Deutsche See bestellte 80 elektrische Street­scooter mit Kühlkoffer.

Daß es Elektromobilität ohne Subventionen schaffen kann, beweisen drei Millionen E-Fahrräder in Deutschland. Und es gibt durchaus weitere sinnvolle Bereiche im Kurzstreckenverkehr. Die Deutsche Post setzt nicht nur elektrifizierte Zwei- und Dreiräder ein, sondern ist mit der Streetscooter GmbH (JF 3/17) sogar unter die Autoproduzenten gegangen: Ford, Opel und VW haben bislang keine bezahlbaren E-Transporter im Angebot. Über 2.750 der postspezifischen Kastenwagen rollen bereits über deutsche Straßen. Und trotz Preisen ab 32.000 Euro hat kürzlich ein erster externer Käufer angebissen: Die in Bremerhaven beheimatete Fischmanufaktur Deutsche See bestellte 80 Streetscooter mit Kühlkoffer für den Lieferverkehr in deutschen Großstädten. Das ist mutig, denn die Batterieleistung muß nicht nur für den Transport der 680 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte reichen, sondern für den Kühlkreislauf. Hoffentlich ist auf die Streetscooter-Versprechen mehr Verlaß als auf die von etablierten Politikern.