© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/17 / 16. Juni 2017

Die EZB-Zinspolitik fördert die Vermögenspreisinflation
Süßes Gift für Deutschland
Thorsten Polleit

Die Niedrig- und Nullzinspolitik der EZB ist ruinös für Sparer (JF 23/17) – und sie hat weitere schädliche Nebenwirkungen, vor allem auf dem Immobilienmarkt. Allein 2016 sind die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland um 6,6 Prozent in die Höhe geschnellt – der stärkste Anstieg seit zehn Jahren. Doch trotz Immobilienpreis-Booms ist bislang keine exzessive Kreditvergabe der deutschen Banken an den Wohnungsbausektor zu erkennen.

Entwarnung sollte es aber nicht geben: Preistreibende Effekte können überschwappen, wenn Banken im Ausland eine laxe Kreditvergabe betreiben und Investoren in Deutschland Immobilien kaufen. In jedem Falle ermuntern künstlich niedrige Kreditzinsen eben den Erwerb von Immobilien. Verstärkt wird die Nachfrage von der Hoffnung, Immobilienbesitz sei ein wirksamer Schutz vor der Entwertung des Euro. Die Bauwirtschaft expandiert, und zwar deutlich schneller als die Gesamtwirtschaft. Die Bauaufträge gewerblicher Auftraggeber schossen um 11,8 Prozent in die Höhe. In den Bankbilanzen sammeln sich Risiken an: Weil Kredite an den Wert der Immobilien gebunden sind, hängen die Kreditrisiken in entscheidendem Maße von den Immobilienpreisen ab. 

Ein plötzlicher Immobilienpreisverfall würde Schuldner und Banken hart treffen. Die Zinslandschaft spielt dabei natürlich eine entscheidende Rolle. Steigen die Zinsen, geraten Unternehmer, die neue kreditfinanzierte Investitionen im Niedrigzinsumfeld in Gang gesetzt haben, in Probleme. Aus dem Immobilienpreis-Boom wird dann rasch ein -Bust.

Deutschland hat damit Erfahrungen: Nachdem der Bauboom, der im Zuge der Wiedervereinigung in Gang gesetzt wurde, Mitte der neunziger Jahre kollabierte, ging die Bautätigkeit bis Anfang 2010 zurück. Banken litten unter faulen Krediten. Es zeigte sich, daß knappe Ressourcen auf breiter Front vergeudet wurden, verbunden mit schmerzlichen Wachstums- und Beschäftigungseinbußen. Der Immobilienpreis-Boom ist ein untrügliches Zeichen, daß die Geldpolitik der EZB inflationär ist. Die wachsende Geldmenge treibt derzeit nicht so sehr die Preise für die Lebenshaltung in die Höhe, sondern die Preise für das Bestandsvermögen: Hierzu zählen nicht nur Aktien und Anleihen, sondern eben auch Grundstücke und Häuser. 

Steigende Preise für diese Bestandsgüter entwerten die Kaufkraft des Euro prinzipiell genauso wie steigende Lebenshaltungskosten. Doch werden sie in der Öffentlichkeit anders interpretiert: Oft heißt es, steigende Häuserpreise seien ein Indiz, daß es der Volkswirtschaft besser gehe. Das ist nicht der Fall. Steigende Häuserpreise bedeuten, daß die Inflation längst im Gange ist – als Folge der EZB-Geldpolitik.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Präsident des Ludwig von Mises-Instituts Deutschland.

 www.misesde.org