© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

Der Flaneur
„Happy Machine Meal“
Claus-M. Wolfschlag

Heute ein bewährtes ‘Happy Meal’“, sage ich mir, als ich auf den Eingang der McDonald’s-Filiale zuschreite. Doch als ich den Verkaufsraum betrete, entfährt mir erstaunt: „Was ist das?“ Die haben das Design verändert. Bis vor kurzem dominierte noch die klassische Einrichtung, mit dunklen Holztönen und braunen Ledersitzen. Nun wirkt die Filiale, als hätte ein Studienanfänger für sein erstes WG-Zimmer bei Ikea nach den billigsten Möbeln gesucht. Helle Kiefernholztöne, dazu bunte Stühle, die nach Plastik aussehen, etwas wirres Dekor.

Die Arbeit wird auf Kunden und Maschinen verlagert: „Bald seid ihr alle den Job los.“

Eine Menge Leute stehen planlos vor dem Kassenbereich herum. Erneut denke ich laut: „Was ist das?“ Die haben das Konzept verändert: von einstmals drei Kassen ist nur noch eine übrig. Und dort bekomme ich nur einen Abholschein mit der Wartenummer 108. Jetzt verstehe ich, warum die anderen wie im Einwohnermeldeamt herumstehen und auf einen Bildschirm starren. Die „108“ steht links in der Spalte. Das „Happy Meal“ wird also zubereitet. Wenn die Nummer nach rechts rutscht, ist sie abholbereit. 

Das Kassenmädchen hat nach mir Leerlauf – niemand bestellt, sie lächelt verlegen. Hinter ihr herrscht Chaos. Drei Mitarbeiter laufen ohne für mich erkennbaren Plan herum und stellen Speisen auf Tabletts. Gelegentlich diskutieren und streiten sie. Alles dauert länger, finde ich. Dann verschwindet die 108 gänzlich vom Bildschirm. Ich gehe zum Ausgabeschalter und frage eine Angestellte. Sie reagiert nicht, schaut an mir vorbei. Kann sie Deutsch? Ist sie taubstumm? „Ist ihre Nummer auch verschwunden?“ fragt mich ein Kunde. Ein dritter beschwert sich: „Warum wird die 106 schon ausgegeben, und meine 101 ist immer noch nicht fertig?“ Derweil tippt ein Pärchen seit Ewigkeiten an einem „Easy-Order“-Terminal mit Touchscreen selbst die Bestellung ein. „Rationalisierung: die Arbeit wird auf den Kunden und Maschinen verlagert. Bald seid ihr alle den Job los“, denke ich – diesmal leise.