© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

Frisch gepresst

Papen. Als der katholische Deutschnationale Franz von Papen, 1932 selbst kurzzeitig Reichskanzler, am 30. Januar 1933 als Vizekanzler ins Kabinett Adolf Hitlers eintrat, gab er sich siegessicher. Mit der glücklichen Illusionsfähigkeit beschränkter Köpfe begabt, richtete sich der intrigenfrohe Herrenreiter in seinem Amt ein, um Hitler wahlweise „zu zähmen“ oder „an die Wand zu drücken, bis er quietscht“. Nach dem 30. Juni 1934, dem „Röhmputsch“ und dem Mord an tatsächlichen und vermeintlichen Gegnern des NS-Regimes, kam von Papen hingegen mit Glück mit Hausarrest davon, während sein engster Mitarbeiter Herbert von Bose und sein Spiritus rector Edgar J. Jung von der SS erschossen wurden. Die Geschichte der Anti-Hitler-Fronde in von Papens „Amtssitz der Opposition“ und ihrer brutalen Liquidierung ist ausgiebig erforscht. Trotzdem hat Rainer Orth für seine opulente Berliner Dissertation noch so viel Archivmaterial erschlossen, daß die Aussichtslosigkeit der Bemühungen von selbst in ihrem Herkunftsmilieu, in Reichswehr und Diplomatie, weitgehend isolierten Konservativen, die noch fragile NS-Herrschaft von innen zu unterminieren, nun bis in die feinsten Verästelungen sichtbar wird. (ob)

Rainer Orth: Der Amtssitz der Opposition? Politik und Staatsumbaupläne des Stellvertreters des Reichskanzlers in den Jahren 1933–1934. Böhlau Verlag, Köln 2016, 1.118 Seiten, Abb., 90 Euro





Volk. Es macht wenig Mühe, sich in Agitprop-Traktaten der Bundeszentrale für politische Bildung darüber zu informieren, welchen dumpfen Ansichten Multikulti-Ideologen zum Thema „Volk“ nachhängen. Wer stattdessen, mit demselben Resultat, sogar noch Geld verschwenden will, lese das im Hamburger Institut für Sozialforschung publizierte Büchlein „Volk, Volksgemeinschaft, AfD“  von Michael Wildt, einem auf die NS-Ära spezialisierten Historiker an der HU Berlin, der von 1997 bis 2009 selbst am „Reemtsma-Institut“ tätig war. Es endet mit der Feststellung: „Das Volk ist nicht tot, aber es hat sich überlebt.“ Es komme daher nun allein darauf an, „uns als Menschen mit gleichen Rechten und gleicher Freiheit zu verstehen“, um überall politische und soziale Beziehungen „neu zu regeln“. Globalisierer von Goldman Sachs & Co. werden dieses Credo eines Exponenten der neuen „Generation der Unbedingten“ sicher hocherfreut zur Kenntnis nehmen. (wm)

Michael Wildt: Volk, Volksgemeinschaft, AfD. Hamburger Edition, Hamburg 2017, gebunden, 157 Seiten, 12 Euro