© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

„Und sie lügen immer noch“
Falschmeldungen: CNN wird vorgeworfen, eine Anti-IS-Demonstration von Moslems in London inszeniert zu haben
Christian Schreiber

Der amerikanische TV-Sender CNN sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt. Nach dem Anschlag in London berichtete er über Moslems, die gegen den Islamischen Staat demonstrierten.  „Fake News“, schrieb der US-Blogger Mike Cernovich, der zum Unterstützerkreis von Donald Trump gehört. 

Auf einem von ihm veröffentlichten Handyvideo ist zu sehen, wie CNN-Reporterin Becky Anderson für eine TV-Schalte eine kleine Gruppe von Demonstranten in moslemischen Gewändern und Kopftüchern hinter eine Polizeiabsperrung zu dirigieren scheint, so daß diese im Hintergrund der Kameraeinstellung zu sehen sind. 

In einer weiteren Sequenz, die die TV-Moderatorin aus einer anderen Perspektive zeigt, stehen die Schilder der Protestler an eine Wand gelehnt, die Demonstranten sind nicht zu sehen. 

Cernovich’ Vorwurf: CNN habe die Schilder mitgebracht und Moslems engagiert, diese kameragerecht hochzuhalten. Deutlich zu erkennen ist zumindest in der ersten Szene, wie mindestens ein Mitarbeiter die Frauen, Männer und Kinder erst in Position bringt, ehe Anderson mit ihrer Moderation beginnt. Eine angebliche Demonstration von Moslems gegen den IS habe es folglich nicht gegeben, schrieb der US-Blogger. Cernovich sieht sich selbst als „Reporter für die nationale Sicherheit“, auf Twitter folgen ihm 285.000 Menschen. 

Der Sender selbst wies die Vorwürfe zurück und teilte auf Twitter mit: „Das ist Unsinn. Die Polizei ließ die Demonstranten durch die Absperrung, um ihre Plakate zu zeigen. CNN hat dies gemeinsam mit anderen Medien schlicht gefilmt.“ 

Laut Brian Stelter, Senior Korrespondent bei CNN, handelte es sich bei den anderen Medien um BBC und die Nachrichtenagentur Associated Press. Die kleine Gruppe von Demonstranten sei den ganzen Tag an verschiedenen Orten in London unterwegs gewesen und habe bewußt den Kontakt zu Medienvertretern gesucht. Diese Version bestätigt Rob Broomby, Aufnahmeleiter des ARD-Studios London. Die „Tagesschau“ nutzte ein Bild von den Demonstranten für ihre Online-Berichterstattung. 

Die AfD glaubt dieser Schilderung nicht. „Diese Demonstration fand nie statt“, schrieb die Partei bei Facebook. Es handele sich „um gestellte Szenen, die CNN gedreht haben soll, und die derzeit für viele Fragezeichen sorgen“. Ein ganzes Set sei aufgebaut worden, „die Statisten mit traditionell islamischer Kleidung ausgestattet. Schilder und Blumen lagen bereit, die augenscheinlichen Schauspieler wurden professionell platziert.“ 

Dies wiederum rief die FAZ auf den Plan: Der Vorwurf, es seien durch eine gestellte Demo Falschmeldungen geschaffen worden, entpuppe sich selbst als „Fake News“. Eine endgültige Aufklärung scheint schwierig. „Sie führen Ihre Follower in die Irre“, twitterte CNN in Richtung Cernovich. Der konterte umgehend: „Und sie lügen immer noch.“