© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/17 / 09. Juni 2017

Wie schädlich ist das irische Steuerdumping?
Positive externe Effekte
Philipp Bagus

Die irischen Steuern sind vielen ein Dorn im Auge. Der Unternehmenssteuersatz von 12,5 Prozent lockt viele ausländische Firmen an und verärgert andere EU-Staaten. Gleichzeitig ist Irland ein Nettoempfänger von EU-Geldern über Strukturfonds und ähnliche Transfers. Zwar erhielten die Iren 2015 nur 75 Euro pro Kopf netto von der EU und sind damit der kleinste unter den Nettoempfängern. Trotzdem: Deutschland als EU-Nettozahler subventioniert indirekt die Niedrigsteuern des Inselstaates.

Das ist doch kein fairer Steuerwettbewerb. Sollte nicht das irische Steuerdumping, das dem deutschen Staat die Einnahmen raubt, verboten werden? Brauchen wir nicht eine Gleichschaltung der Steuersätze auf EU-Ebene? Wer derart argumentiert, hat die Vorteile des Steuerwettbewerbs nicht verstanden. Eine Angleichung der Steuersätze auf das jeweils höchste Niveau würde den Finanzministern Zusatzeinnahmen bescheren. Sie hätten dann noch mehr Geld für ihre Zwecke und könnten die verzerrenden und Wohlstand vernichtenden EU-Subventionen noch weiter erhöhen.

Die EU-Umverteilung würde durch eine Steuergleichschaltung nicht verschwinden, sondern wahrscheinlich noch steigen. Langfristig würden nach der Ausschaltung des Steuerwettbewerbs die Abgaben wohl nur noch einen Weg kennen – nach oben. Der Pfad zu einem faireren Wettbewerb führt über ein Ende der EU-Umverteilungspolitik. Die niedrigen Steuersätze Irlands bieten ein exzellentes Argument, dieser Politik ein Ende zu bereiten. Doch nicht nur deshalb sollten wir den Iren dankbar sein. Die irischen Niedrigsteuersätze erlauben ein größeres Wirtschaftswachstum in Irland, das über eine größere Nachfrage dann auch Deutschland zugute kommt. Die Iren produzieren mehr und können so mehr für deutsche Produkte ausgeben.

Zudem wirken die irischen Steuersätze wie eine Bremse auf die deutschen Steuersätze. Ohne die niedrigen irischen Steuern wären die deutschen Steuern vielleicht noch höher. Steuerparadiesen wie Irland sei gedankt. Sie führen also zu niedrigeren Steuern und mehr Freiheit in Deutschland. In der Ökonomie nennt man diesen Zusammenhang einen positiven externen Effekt. Diese entstehen, wenn wir von Handlungen Dritter profitieren, ohne dafür zu zahlen.

Konkret: Dank der irischen Steuerpolitik herrschen bei uns niedrigere Steuern und mehr Freiheit – ohne daß wir dafür direkt bezahlten. Statt auf sie zu schimpfen, sollten wir den Inselbewohnern dankbar sein. Und klar, wir sollten auch die indirekten Zahlungen an Irland über die Umverteilungsmaschinerie der Europäischen Union einstellen. Ich will wetten, daß das die Iren keineswegs von der Beibehaltung ihrer Niedrigsteuersätze abhalten würde.






Prof. Dr. Philipp Bagus lehrt VWL an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid.