© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/17 / 02. Juni 2017

Lachsfarbene Petunien
Farbenpracht dank gezielter Genveränderungen
Paul Leonhard

Rosa Nelken im Blumengeschäft? Das können nur genveränderte Pflanzen sein. So schrillten bei Mitarbeitern der finnischen Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (Evira) alle Alarmglocken, als sie auf lachsfarbene Petunien sowie deren Saatgut in öffentlichen Gärten stießen. Analysen bestätigten, daß bei den Pflanzen mit Namen wie African Sunset, Pegasus Orange, Sanguna Salmon oder Potunia Plus Papaya Genveränderungen erfolgt waren.

Transgene mit heimischen Nelken nicht kompatibel

Schnell gelang es den Finnen, die Lieferkette zurückzuverfolgen: in die Niederlande, nach Dänemark und Deutschland. Derzeit laufen in den drei Ländern Untersuchungen um festzustellen, wer konkret gegen das Gentechnikgesetz verstoßen hat. Das unerlaubte Inverkehrbringen von genveränderten Organismen ist strafbar. Experten des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalens durchsuchten bereits drei Unternehmen in Münster, Südlohn und Rheinberg. Sie sicherten Pflanzenproben, die vom Chemischen Untersuchungsamt (CVUA) Rhein-Ruhr-Wupper analysiert werden.

Erneut ins Blickfeld rückte damit ein Freilandversuch des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung (MPIZ). Den Kölner Wissenschaftlern unter Heinz Saedler war 1989 vom Bundesgesundheitsamt erlaubt worden, orangefarbene Petunien über genetische Veränderungen zu „züchten“. Der Versuch ging schief. Die Pflanzen veränderten bei höheren Temperaturen spontan ihre Blütenfarbe. Mit Blick auf dieses Experiment warnt Christoph Then vom Verein Testbiotech München vor einer unkontrollierten Verbreitung von transgenen Pflanzen: „Wir beobachten die ersten Fälle, in denen genveränderte Pflanzen in wildlebende verwandte Arten auskreuzen und ihr transgenes Material weitergeben“, wird Then vom kritischen Informationsdienst Gentechnik zitiert. Das sei unverantwortlich.

Weitere Anbauversuche von Gen-Petunien gab es in Europa nicht. Nur dem japanischen Suntory-Konzern wurde gestattet, genmodifizierte Nelken unter den Namen Moonaqua und Moonlite in die EU einzuführen. Diese werden in Australien, Ecuador und Kolumbien produziert. Hier wurde versichert, daß die transgenen mit den heimischen Nelken nicht kompatibel sind und eine Ausbreitung nicht zu befürchten sei.

Der Zentralverband Gartenbau hat seine Mitglieder aufgefordert, den Verkauf der Lachs-Petunien solange einzustellen, bis die Untersuchungsergebnisse vorliegen. Der Bundesverband Zierpflanzen bat den Handel, die Vermarktung zu stoppen. Von den Blumen drohe aber keine Gefahr: Petunien seien einjährige Pflanzen, deren Samen nicht winterhart sind. Eine Verbreitung in der Wildflora sei ausgeschlossen.

Es gibt auch den Verdacht, daß nach den MPIZ-Freilandversuchen nicht alle Pflanzen vernichtet wurden. Sollte sich herausstellen, daß die transgenen Petunien in weitere Länder verkauft wurden, beweise dies „einen völligen Kontrollverlust von Behörden, Forschungseinrichtungen und Handel“, sagte Ralf Bilke, Agrarreferent des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Nordrhein-Westfalen. Der Zentralverband Gartenbau forderte zu „absoluter Transparenz und Kooperation“ mit den Behörden auf.

Informationsdienst Gentechnik:  www.keine-gentechnik.de