© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

Sorge um Lurchi
Ein eingeschleppter asiatischer Hautpilz bedroht den europäischen Feuersalamander
Volker König

Wie ein Relikt aus grauer Vorzeit hat der Feuersalamander in Mitteleuropa überdauert. Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat diese einzige lebendgebärende Amphibienart in Deutschland. Jahrelang schien der Bestand stabil. Doch jetzt droht „Lurchi“ durch einen aus Asien eingeschleppten Pilz das Aussterben. An einem warmen Frühlings- oder Sommerabend, vor allem nach einem Gewitterregen, kann man in den Wäldern der Mittelgebirge mit etwas Glück dem farbenprächtigen, aber scheuen Gesellen begegnen.

Braunschweiger „Arche“ und neues Frühwarnsystem

Das dämmerungs- und nachtaktive Tier verläßt dann sein Versteck unter Baumwurzeln, zwischen Felsblöcken oder an der Böschung eines Bachlaufes und sucht nach Würmern, Nacktschnecken, Asseln und anderer Beute. Mit seiner leuchtend schwarz-gelben Färbung ist der Feuersalamander unverwechselbar. Der gebänderte Feuersalamander (Salamandra s. terrestris) ist für Norddeutschland charakteristisch, der gefleckte Salamander (Salamandra s. salmandra) lebt in Mittel- und Süddeutschland.

Im Mittelalter wurde 

geglaubt, der Salamander sei unempfindlich gegen Feuer. Um Brände zu bekämpfen, wurden Feuersalamander in die Flammen geworfen und einem qualvollen Tod überantwortet. Die grelle Farbzeichnung – die auf natürliche Feinde eine abschreckende Wirkung hat – und die brennenden Drüsensekrete, die der Salamander zur Verteidigung absondern kann, führten allerdings dazu, daß das Tier kaum natürliche Feinde hat.

Bis jetzt. Denn nun bedroht ein aus Asien eingeschleppter Hautpilz die Spezies: Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) befällt Salamander und auch Molche und führt zu tiefen und offenen Geschwüren, die beim infizierten Tier binnen weniger Tage zum Tod führen. Erstmals wurde ein Fall von Bsal 2015 in der Eifel im Grenzbereich zu Belgien entdeckt. Dort kam es zur selben Zeit zu einer regelrechten Epidemie unter den Tieren. Heute ist der Feuersalamander in Belgien fast ausgerottet und der Bestand in den Niederlanden zu über 90 Prozent zusammengebrochen.

Um in Deutschland eine ähnliche Katastrophe zu vermeiden, arbeitet man am Zoologischen Institut der TU Braunschweig an einem Rettungsplan, um aus noch gesunden und isolierten Populationen Tiere zu entnehmen und sie in Gefangenschaft wie in einer Arche Noah vor dem Pilz zu schützen. Die Hoffnung ist dabei, daß man in 20 oder 30 Jahren den „Salamanderfresser“ wirkungsvoll bekämpfen kann und sich widerstandsfähige Populationen entwickelt haben, die man mit den Tieren aus der „Arche“ dann kreuzen kann.

Im Solling, dem Spessart oder dem Thüringer Wald sind bislang noch keine Bsal-Fälle bekannt, während für die Eifel und angrenzende westdeutsche Räume mit dem Schlimmsten zu rechnen ist. Wichtig sei deshalb die Installation eines Frühwarnsystems, erklärte Sebastian Steinfartz, Evolutionsbiologie an der TU Braunschweig. Sprich: Naturfreunde und Wanderer sollten beim Entdecken toter Feuersalamander, die nicht überfahren sind – für die behäbigen Lurche ist der Autoverkehr die häufigste nichtnatürliche Todesursache – diese Funde melden, damit diese Tiere auf etwaigen Pilzbefall untersucht werden können.

AG Steinfartz – Molekulare Ökologie:  www.zoologie.tu-bs.de/