© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/17 / 26. Mai 2017

Berichterstattung zum Einleben
Mit „Chrismon“-Sonderausgaben und der Online-Plattform „Amal, Berlin!“ legt die Evangelische Kirche zwei Medien in die Hände von Flüchtlingen
Christian Schreiber

Die christlichen Kirchen machen keinen Hehl daraus, daß sie die Einwanderer für sich entdeckt haben. Das evangelische Nachrichtenmagazin Chrismon, das in einer Auflage von rund 24.000 Heften monatlich erscheint und das überregionalen Medien wie der Zeit, der FAZ und der Welt beiliegt, gab unlängst mit dem Titel „Ankommen“ ein zweisprachiges Heft heraus. 

Mit der Spezialausgabe wendet sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nach eigener Aussage an Flüchtlinge aus dem arabischen und dem persisch-afghanischen Raum sowie die zahlreichen Helfer in den evangelischen Gemeinden und diakonischen Einrichtungen. Das 24seitige Extrablatt, das in Arabisch/Deutsch und Farsi/Deutsch erscheint, soll den Asylbewerbern die lebendige Vielfalt des evangelischen Gemeindelebens in Deutschland näherbringen. „Ehrenamtliche Helfer erzählen, warum sie sich für Flüchtlinge engagieren. Ein Iraner berichtet, wie er in der neuen Heimat den christlichen Glauben für sich entdeckt hat. Eine Reportage zeigt, warum christlich-muslimischer Religionsunterricht gelingt.“

Kooperationen mit etablierten Medien 

Bereits im Frühjahr 2016 erschien die erste Sonderedition mit dem Titel „Willkommen“, auf die 2017 die zweite aufbaut. „Vor einem Jahr haben wir, die Evangelische Kirche in Deutschland, uns mit einem Willkommens-Magazin an Flüchtlinge, gewendet. Darin haben wir etwas von uns erzählt: Was ist die Kirche, und wer sind die kirchlichen Mitarbeiter, die ihnen helfen. Das ist sehr gut angekommen“, erklärt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm die Motivation für das neue Heft. 

Die Evangelische Journalistenschule in Berlin habe Reporter aus dem arabischen und dem persischen Sprachraum gebeten, das Magazin zu gestalten. „Reporter, die ebenfalls ihre Länder im Nahen und Mittleren Osten verlassen und hier ankommen mußten.“ Als Beispiele nennt er den syrischen Journalisten Abdolrahman Omaren, „der einen Chor und neue Freunde gefunden hat“. Schwieriger sei es für Abdulrahim Nagibulla gewesen, der in Afghanistan auf eine Mine getreten und beide Beine verloren hatte. In Deutschland wurde er Leistungssportler. Darüber habe ein ebenfalls geflohener Landsmann berichtet, der in seiner Heimat als Journalist tätig gewesen sei. 

Ein reines Medienprojekt von Flüchtlingen ist das Anfang März 2017 gestartete Online-Portal „Amal, Berlin!“, was frei übersetzt „Hoffnung“ heißt, und das mit der Chrismon-Redaktion kooperiert. Die Redaktion bilden zehn Journalisten aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und Ägypten. Die Nachrichtenplattform solle den vielen Neuankömmlingen beim Einleben in der fremden Stadt helfen, so daß sie teilhaben und sich beteiligen können: „Dabei geht es um Berichte zu typischen Flüchtlingsthemen, aber klassischer Nachrichtenjournalismus steht im Vordergrund.“ Die Reportagen, Essays und Kommentare erscheinen auf arabisch und auf farsi/dari. In dem deutschsprachigen Bereich der Seite werden die wichtigsten Artikel kurz zusammengefaßt. 

Redaktionell angedockt ist die Migranten-Truppe, die unregelmäßig  mit dem Tagesspiegel oder Zeit Online kooperiert, ebenfalls an die Evangelische Journalistenschule. Diese ist eine Abteilung des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), welches das zentrale Mediendienstleistungsunternehmen der EKD sowie ihrer Gliedkirchen, Werke und Einrichtungen ist. Die Präses der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer, würdigte Amal mittlerweile als herausragendes Beispiel dafür, wie sich die Evangelische Kirche die Arbeit mit Flüchtlingen vorstelle. Das Projekt gebe geflüchteten Menschen die Möglichkeit, sich in ihrer Heimatsprache zu informieren und qualifiziere die beteiligten Journalisten gleichzeitig professionell weiter. 

Amal, so die Redaktion, sei eine Art Tageszeitung für das Handy, die eine umfassende Berichterstattung ermöglichen wolle. „Flüchtlinge sprechen oft noch nicht die deutsche Sprache. Deswegen haben wir uns entschieden, eine lokale Nachrichtenseite aufzubauen, um sie über die Entwicklungen im Land zu informieren – bis sie die Sprache beherrschen“, sagte die Redakteurin Mahdis Amiri. Finanziert werden beide Publikationen aus Mitteln der Evangelischen Kirche sowie durch Spenden.