© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/17 / 12. Mai 2017

Volker Wieker. Der oberste Soldat der Bundeswehr dient besonders geschmeidig.
Gewehr bei Fuß
Peter Möller

Generalinspekteure scheuen selten ein klares Wort – allerdings erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt. Bestes Beispiel für diese Form des nachgeholten Widerstands ist der frühere Generalinspekteur Harald Kujat, der sich nach seinem Dienstende zum Chefkritiker der deutschen Sicherheitspolitik und insbesondere von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aufgeschwungen hat.

Daß sich der aktuelle Generalinspekteur Volker Wieker offen gegen die politische Führung stellen könnte, gilt dagegen auch für den Fall seiner längst überfälligen Pensionierung als ausgeschlossen. Wieker, der 2010 vom damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ernannt worden war, gilt Kritikern innerhalb der Bundeswehr vielmehr als williger Vollstrecker der Vorgaben der politischen Führung. Auch die von ihm im Zuge der Ermittlungen gegen den terrorverdächtigen Bundeswehroffizier Franco A. angeordnete Durchsuchung aller Kasernen nach „Wehrmachtsdevotionalien“ wird als Beleg dafür angesehen, daß Wieker von der Leyens Vorgaben ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten in der Truppe widerspruchslos umsetzt. In der vergangenen Woche trat der oberste General dafür sogar im ZDF-Morgenmagazin auf. Ein mehr als ungewöhnlicher Schritt für einen Generalinspekteur.

Wohlmeinende machen bei der Beurteilung des 1954 in Delmenhorst geborenen Wieker, der schon vom Habitus eher einem Beamten als einem Kämpfer gleicht, mildernde Umstände geltend und verweisen auf die von der Politik gewollt schwache Position des Generalinspekteurs. Zwar ist die Stellung des obersten Soldaten 2012 durch den sogenannten Dresdner Erlaß etwas aufgewertet worden, doch zu mehr Widerspruchsgeist hat dieser Kompetenzzuwachs zumindest bei Wieker nicht geführt. Denn er weiß nur zu gut, daß nach dem Verständnis der Bundeswehr ein Generalinspekteur die Vorgaben des Verteidigungsministers überhaupt nur offen in Frage stellen kann, wenn er bereit ist, dafür notfalls auch sein Amt zu opfern.

Ein Schritt, den Wieker kaum jemand zutraut. Dafür lief seine militärische Karriere zu glatt. Vom Eintritt in die Bundeswehr 1974 beim Panzerartilleriebataillon 315 in Augustdorf über die deutsche und die amerikanische Generalstabsausbildung bis hin zu Verwendungen im Verteidigungsministerium und als Kommandeur des Deutsch-Niederländischen Korps lief alles scheinbar auf den Spitzenposten zu.

Wie zufrieden von der Leyen mit ihrem ranghöchsten Soldaten ist, zeigt, daß sie dessen Amtszeit, die eigentlich mit dem Erreichen der Altersgrenze im März 2016 hätte Ende müssen, bereits zweimal verlängert hat. Nun soll Wieker erst Anfang 2018 und damit nach der Bundestagswahl in Pension gehen. Dann wird er der dienstälteste Generalinspekteur in der Geschichte der Bundeswehr sein. Vermutlich wird Wieker das als Erfolg werten.