© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/17 / 05. Mai 2017

Der Flaneur
Da staunt Man(n)
Verena Inauen

Wir waren neu in der Gegend. Einer solchen, wo man noch aus gesellschaftlicher Tradition dem Schützenverein beitritt und eine Waffe wahrscheinlich niemals zum Zweck der Selbstverteidigung eingesetzt werden muß. So oder so braucht man aber Munition für das gute Ding. Mitten auf dem Dorfplatz finde ich, wonach ich suche und eine schöne Aufschrift gibt ein altes Familienunternehmen preis. 

Ich erwarte einen humorvollen Alltags-chauvinismus und überlege mir Antworten.

An den erstaunten Blicken der versammelten Dorfjägerschaft vorbei schlängle ich mich an den Tresen und bitte schüchtern um meine Patronen. Mit einem lachenden „Griaß Di“ wird mein Wunsch quittiert, und der Verkäufer kramt unter seinem Tisch. 

Ich erwarte jeden Moment einen humorvollen Alltagschauvinismus, mit dem ich in einem Alpendorf aufgewachsen bin. Keiner nimmt dort ein paar Seitenhiebe krumm, die Mädels in den Bergen lernen auszuteilen. Wie schlimm kann es da schon in einem Dorf mitten im dichtesten Wald von Österreich sein? Ist einer selbsternannten Gleichstellungsbeauftragten dieses entlegene potentielle Wirkungsgebiet überhaupt bekannt? Gibt es hier schon so etwas wie Farbfernsehen und die Vermittlung eines als „modern“ verkauften Frauenbildes? Falls nicht, dann wäre es für diese ursprünglich gebliebene Gemeinschaft auch kein großer Verlust, schweifen meine Gedanken ab, während ich warte. Ich lege mir blitzschnell schlagfertige Antworten für den Fall der Fälle zurecht. 

Aber dann bin ich baff: Ein anerkennender, wenngleich etwas zu männlicher Schulterklopfer folgt der herzlichen Einladung zum nächsten Jägerstammtisch. Jagen, ist das nicht Männersache?   Ich sei doch gar kein Jäger, möchte nur wieder etwas in Übung kommen. Das macht gar nichts, das könnte ich ja jetzt, wo ich bereits die wichtigsten Personen im örtlichen Jägerladen kennengelernt hätte, alles noch nachholen. Mein Mann sei übrigens auch herzlich willkommen.