© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/17 / 05. Mai 2017

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Sang- und klanglos beseitigt
Paul Rosen

In einem freiheitlichen Staat geht es die Behörden nichts an, wieviel oder wenig Geld die Bürger auf ihren Konten haben. Nicht nur die Wohnung ist unverletzlich („My home is my castle“), sondern gerade auch die Beziehung des Bürgers zu seiner Bank gehört zur Privatsphäre. Das Bankgeheimnis als Freiheitsrecht ist uralt, Juristen bezeichnen es sogar als vorkonstitutionelles Recht.  

In Deutschland wurden gerade die letzten Reste dieses Bankgeheimnisses sang- und klanglos beseitigt, denn Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung sind nicht mehr angesagt, wenn es darum geht, die staatlichen Kassen zu füllen, die Politiker dann zumeist in Windeseile für Wohltaten leeren, zum Beispiel für überhöhte Rentensteigerungen vor Wahlterminen. Eingeschränkt worden war das Bankgeheimnis schon früher, jetzt ist es ganz weg.

Zusammen mit zwei Steuergesetzen gegen Geldwäsche und gegen die Nutzung von Briefkastenfirmen in Steueroasen beschloß der Bundestag am vergangenen Donnerstag – ohne daß in der Debatte näher darauf eingegangen wurde – die Aufhebung des in Paragraph 30a der Abgabenordnung festgelegten steuerlichen Bankgeheimnisses; damit kein Euro, der irgendwo auf einem Konto eingezahlt wurde, vor den deutschen Behörden mehr verborgen werden kann. Wie versessen die Koalition darauf ist, in die Privatsphäre der Bürger einzudringen, macht ein Beitrag des CDU-Abgeordneten Mathias Middelberg in der Debatte deutlich: „In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, daß ein deutscher Steuerbürger ein Auslandskonto eröffnet und wir in Deutschland nichts mehr erfahren.“ 

Es verwundert, daß sich in der Bundesrepublik, wo man über Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen jahrelang streitet, überhaupt kein Widerstand erhebt, wenn sich die Finanzämter in den Besitz aller Buchungsdaten der Bankkunden bringen können. Die sonst auf Bürgerrechte pochenden Grünen und Linken waren mit der Abschaffung des Bankgeheimnisses ausdrücklich einverstanden, von der FDP oder der AfD war am Tag des Bundestagsbeschlusses nichts zu lesen. Bis auf ein paar kleine Meldungen auf Finanzportalen im Internet schwieg sich auch die deutsche Presse aus.

 Zur Aufdeckung von verschwiegenen Zinseinnahmen war die Maßnahme übrigens nicht notwendig. Die Bankenverbände hatten in einer Anhörung des Bundestages darauf hingewiesen, daß private Kapitalerträge seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 „lückenlos erfaßt“ würden. Eine Verkürzung von Steuern in diesem Bereich sei „faktisch ausgeschlossen“, so die Banken, die vor einer nachhaltigen Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kreditinstituten und Kunden warnten. 

Nur der Bayerische Genossenschaftsverband, in dem die Volks- und Raiff-eisenbanken des Freistaates organisiert sind, protestierte. Dessen Präsident, Jürgen Gros, erklärte: „Die Steuerbehörden können künftig nach Gutdünken uneingeschränkt Kundendaten durchforsten. Das ist ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Bürger.“