© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Bürgerrundfunk statt Rundfunkanstalten
Die AfD hat ein Konzept zur grundlegenden Reform der deutschen Medienordnung vorgelegt
Gil Barkei

Daß die Alternative für Deutschland nicht zu den Freunden des Rundfunkbeitrages zählt, ist seit längerer Zeit bekannt. Das Programm von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist ihr zu teuer und politisch zu einseitig. Bereits im Dezember hatte die Partei eine Initiative zur Abschaffung der Zwangsabgabe gestartet, in deren Zuge die damals zehn AfD-Landtagsfraktionen jeweils die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages beantragt hatten – aufgrund der Machtverhältnisse in den Landesparlamenten erfolglos. Ein konkretes alternatives Modell blieb man damals noch schuldig. Nun hat die Partei ihr angekündigtes Konzept einer „neuen Medienordnung Deutschlands“ vorgestellt.

Die grundlegende, unter der Federführung der sächsischen AfD-Landtagsfraktion erarbeitete Reform sieht die Abschaffung des Rundfunkbeitrages vor. Der Plan stattdessen: Das Programm wird verschlüsselt ausgestrahlt. Jeder Bürger kann selbst entscheiden, ob er das Angebot paßwortgeschützt freischalten und bezahlen will oder nicht. Der Preis soll deutlich unter der aktuellen Gebühr von 17,50 Euro pro Monat liegen; eine Kündigung soll jederzeit möglich sein.

Der Einfluß der Politik soll reduziert werden

Derzeit rechnen die Öffentlich-Rechtlichen bis 2021 mit einem Jahresbudget von gut 9,6 Milliarden Euro. Die AfD will mit ihrem Vorschlag der aus ihrer Sicht stattfindenden Mittelverschwendung einen Riegel vorschieben und den Einfluß der Politik in den Rundfunkräten reduzieren. So sollen die Rundfunkanstalten von ARD und ZDF aufgelöst beziehungsweise privatisiert und eine neue, deutlich kleinere Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet werden. Die Zusammensetzung der Kontrollgremien sollen die Bürger in freien Wahlen bestimmen, in denen sich die gesellschaftlichen Akteure aus Kirchen, Gewerkschaften und Parteien etc. um die freien Plätze bewerben. 

Ziel sei ein schlanker „Bürgerrundfunk“, welcher der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet sei, betonte AfD-Vorsitzende Frauke Petry vergangene Woche auf einer Pressekonferenz in Berlin. Laut Konzept solle dieser sich auf Information, Bildung sowie Kultur konzentrieren und durch „objektive Berichterstattung“, „Vielfalt in der Kommentierung“ und „bildende Inhalte“ gekennzeichnet sein. „Die reine Unterhaltung soll weitestgehend den privaten Anbietern überlassen werden.“ Erst dort, wo die Privatsender Defizite aufwiesen, sollten die öffentlich-rechtlichen Medien ansetzen. Als Orientierungsgröße für die Kosten des neuen „Bürgerfunks“ nennt die AfD 500 Millionen Euro, etwa die Ausgaben für die Fernsehsender 3sat, Arte, Tagesschau24, ARD-alpha, One und Phoenix, die nach Auffassung der Partei einem hochwertigen Informationsangebot noch am nächsten kommen. Der Abspeckungsprozeß würde bedeuten, daß allen bisherigen Mitarbeitern der Sender betriebsbedingt gekündigt werde und die neue öffentlich-rechtliche Anstalt entscheide, welche Mitarbeiter übernommen oder neu angestellt werden. 

Der Deutsche Journalisten-Verband lehnt einen derartigen „radikalen Systemwechsel im Rundfunk“ strikt ab. „In dem Vorstoß der AfD gegen die Öffentlich-Rechtlichen zeigt sich wieder einmal das Problem dieser Partei mit kritischem und unabhängigem Journalismus“, kritisiert der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall und fordert, die Partei solle auf den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung kommen, anstatt „wirklichkeitsfremde und in ihrer Konsequenz verfassungsfeindliche Vorschläge zu unterbreiten“. 

Die potentiell betroffenen Stellen halten sich unterdessen mit Reaktionen, zurück. Die im Bundestag vertretenen Parteien sowie das Deutschlandradio ließen eine Anfrage zu ihrer Einschätzung des AfD-Entwurfs unbeantwortet. Das ZDF betonte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, das Konzept nicht zu kommentieren. Der Hauptstadtkorrespondent des Deutschlandfunks, Stefan Maas, moniert auf seinem eigenen Sender den Vorstoß als „nicht besonders konkret“. Das Konzept ähnele Bezahlkanälen wie Sky, beschränke sich zu sehr auf das Fernsehen und lasse Online und Radio außer acht. 

ARD-Sprecher Steffen Grimberg sagte gegenüber der JF, die ARD nehme die Vorschläge der Alternative für Deutschland zur Kenntnis, insgesamt bleibe jedoch festzuhalten, daß Deutschland „nach Meinung vieler Experten eines der besten öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme in Europa, wenn nicht weltweit“, habe. „Angesichts der Fliehkräfte in unserer Gesellschaft nimmt seine Bedeutung als wirtschaftlich und politisch unabhängiger Dienst an der Gemeinschaft, für jeden freien Zugang zu vielfaltiger Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung bietet, nicht ab, sondern zu.“