© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Grüße aus Moskau
Front begradigt
Thomas Fasbender

Bei Airbnb, der größten Internet-Plattform für private Unterkünfte, brummt das Rußlandgeschäft. 2016 verzeichneten die Vermittler 96 Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr. Insgesamt stehen 42.000 Objekte zwischen Ostsee und Pazifik im Angebot.

An der Preisspitze ein Palazzo aus dem 18. Jahrhundert bei St. Petersburg mit 25 Hektar großem Garten für 3.100 US-Dollar. Pro Nacht. Aber auch Juchten an der mongolischen Grenze und Blockhäuser am Polarkreis. Vor allem Tausende Plattenbau-Apartments, von notdürftig aufgehübscht bis zu anständig renoviert. Bei einem Durchschnittspreis von rund 50 Euro die Nacht für viele Babuschki ein attraktives Zubrot.

Da fragt man sich, warum Airbnb jetzt verkündet hat, die erst 2012 gegründete russische Tochtergesellschaft zu schließen. Kapitulation vor der Bürokratie, vor den Blutsaugern der Finanzämter? Oder ist es die Sorge vor Gesetzesinitiativen, die die blühende Hostel-Branche im Visier haben? Wo noch vor wenigen Jahren ein Hotelbett für 250 Euro als Schnäppchen galt, bieten private Mini-Hotels in Moskau, St. Petersburg und anderen Städten inzwischen Übernachtungen zu unter 50 Euro an. 

Manchem russischen Politiker ist der Erfolg der Hostelbetreiber ein Dorn im Auge.

Die werden auch von Geschäftsreisenden angenommen – schließlich sind immer noch 80 Prozent aller ausländischen Besucher in den russischen Großstädten Geschäftsreisende. Als Touristenmekka kann man Rußland nicht bezeichnen. Und es sind nicht nur die Mittelständler, die spätestens seit Einsetzen der Sanktionsflaute kräftig an der Spesenschraube drehen. 

Manch russischem Politiker ist der Erfolg der Hostelbetreiber ein Dorn im Auge. Initiative macht mißtrauisch. Also fordern sie, das kurzzeitige Vermieten von Privatquartieren zu verbieten. 

Sollte also die Angst vor restriktiven Gesetzen Airbnb vertrieben haben? Oder war es die seit 2015 geltende Regel, der zufolge private Daten russischer Staatsbürger nur noch auf Servern, die sich physisch in Rußland befinden, gespeichert werden dürfen? Daran beißt sich derzeit die Plattform LinkedIn die Zähne aus.

Airbnb behauptet indes, der Rückzug sei lediglich eine Frontbegradigung. Ein Büro in Rußland gebe es seit 2015 nicht mehr. Außerdem beschäftigten sich weiterhin sechs Mitarbeiter mit dem russischen Markt – nur eben nicht von Rußland aus. Fazit: Das Netz hat die besseren Karten.