© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Kein Schiff wird kommen
Paul Rosen

Von Reinhard Mey stammt das Lied „Das Narrenschiff“ mit dem Refrain: „Klabautermann führt das Narrenschiff, volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff.“ Es ist eine Anspielung auf die Berliner Politik, und wie im Großen so kann man sich auch im Kleinen auf einem Narrenschiff fühlen. 

Denn wer demnächst wieder einmal Seeluft schnuppern und mit einem Traditionsschiff auslaufen, vielleicht noch die Angelrute auswerfen und einen Fisch fangen will, darf das möglicherweise nicht mehr machen. Die wenig reizvolle Alternative heißt: an Land bleiben und in einem Bistro mit Seeblick Fischstäbchen bestellen. 

Aber der Reihe nach: Deutsche Behörden überziehen Bürger und Unternehmen mit einer Flut von Verordnungen, der Bundestag beschließt Gesetze in Serie. Nichts, auch nicht das offene Meer, kann und darf nach dem Willen der Bundesregierung unreguliert bleiben. Wo käme man denn schließlich hin, wenn die Leute tun könnten, was sie gerne wollen? 

Zwei Ministerien sind damit beschäftigt, der Freizeit und damit auch einem Stück Freiheit auf den Meeren ein Ende zu bereiten. Wer zum Beispiel Nord- oder Ostsee mit einem historischen Segelschiff befahren will, sollte sich beeilen, denn das Bundesverkehrsministerium will solche Seefahrten unmöglich machen. Historische Schiffe sollen exakt die Vorschriften einhalten müssen, wie sie für die gewerbliche Seeschiffahrt gelten. Das heißt, die Hobbykapitäne der rund 100 noch existierenden historischen Schiffe müßten eine Seediensttauglichkeitsuntersuchung vorweisen und ihre Schiffe zum Beispiel mit wasserdichten Schotten nachrüsten. Die Nachrüstung ist bei den alten Windjammern oder historischen Dampfschiffen ein Ding der Unmöglichkeit. Mit der Windjammerparade bei der Kieler Woche wäre es dann vorbei. 

Auch das private Hochseeangeln soll auf Initiative von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in großen Teilen der sogenannten deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) bald Geschichte sein. Das Angeln dürfte zum Beispiel in weiten Teilen des Fehmarnbelts und der Pommerschen Bucht verboten werden. Eine zu Jahresbeginn bereits in Kraft getretene EU-Vorschrift, mit der Fischfangbegrenzungen für Freizeitfischer verhängt worden waren, hat bereits bei den Anbietern von Angeltouren und den Geschäften für Angelausrüstungen zu massiven Umsatzeinbußen geführt.  

Der Weg in den Nanny-Staat ist natürlich mit besten Vorsätzen gepflastert. Man wolle die Traditionsschiffahrt erhalten, aber es sei unerläßlich, „mehr Sicherheit für Besatzung und Passagiere zu schaffen“, begründet Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) die Sicherheitsvorschriften, die zur Versenkung des größten Teils der Traditionsflotte führen dürften. Hendricks will die Fischbestände schützen und tut so, als ob Hobbyangler die Dorsche ausrotten könnten. 

Reinhard Mey hat nicht nur diese Verbotsorgien der Regierung treffend besungen: „Es ist, als hätten alle den Verstand verlor’n, sich zum Niedergang und zum Verfall verschwor’n, Und ein Irrlicht ist ihr Leuchtfeuer geworden.“