© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Türkei bittet um deutsche Wirtschaftshilfen
Wirtschaft und Würde
Jürgen Liminski

Es gibt den Zusammenhang zwischen Diktatur und Wirtschaft. Dort wo Menschen halbwegs frei wirtschaften können, steigen Wachstum und Wohlstand. Wo Angst und Zwang herrschen, sinken die Daten. Zu beobachten ist das exemplarisch an der Türkei. Seit dem Putschversuch und der anhaltenden Verfolgung politischer Gegner schrumpft die Wirtschaft, steigt die Arbeitslosigkeit, fällt die Lira. Vorbei die Zeiten mit mindestens sechs Prozent Wachstum im Jahr, einer stabilen Währung und Millionen Touristen. 

Wird der Diktator jetzt bescheiden? Das ist kaum zu erwarten. Er schickt seine Minister wie Lakaien vor und läßt sie in Deutschland und Europa um Wirtschaftshilfe anfragen, so als ob es gelte, eine momentane Flaute zu überwinden. Aber in einem Klima der Unsicherheit investiert eben keiner gern und die Touristen, die allein fünf Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachten, allen voran die Deutschen, werden nicht auf Knopfdruck funktionieren, nur weil Erdogan sie nicht mehr beschimpft.

Sicher, Vernunft und Realpolitik verlangen, daß man im Gespräch und Geschäft bleibt. Aber es gibt in den internationalen Beziehungen nicht nur ökonomische Interdependenzen. Es gibt auch so etwas wie Würde und gegenseitigen Respekt. Daran sollte man den Sultan gelegentlich erinnern. Schon wegen der Selbstachtung.