© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Gegen „politische Abrechungen“: Sorge um das realsozialistische Architekturerbe
Nicht alles war schlecht
(ob)

Man muß nicht alles abreißen“, was in Potsdam zum architektonischen Erbe der DDR zählt. So lautet das Fazit der Untersuchungen, deren Ergebnisse der Marburger Kunsthistoriker Christian Klusemann 2016 in einem Architekturführer über „Das andere Potsdam“ präsentierte, um im städtebaupolitischen Streit zwischen „Ostalgikern“ und „Nostalgikern“ zu vermitteln. Trotz extrem verhärteter Fronten zwischen jenen, die sich von der baulichen Hinterlassenschaft des DDR-Regimes nicht trennen wollen und denen, die im Totalabriß „postum eine politische Abrechnung suchen“, könnte ein Kompromiß noch möglich sein. Zumal ein historischer Rückblick es verbiete, die DDR-Architektur ins Klischeebild des Plattenbaus zu pressen. Es habe gerade in Potsdam in den 1950ern „behutsame Wiederaufbauleistungen“ gegeben, und einigen „ostmodernen“ Neubauten wie dem Wohnblock „Staudenhof“ will Klusemann „durchaus städtebauliche Qualitäten“ zubilligen (Uni-Journal  Marburg, 51-2016/17). Den „Rückkehrern“, unter denen viele das alte Potsdam noch als Kind kannten, rät er, auf nostalgische Restauration zu verzichten, weil „Zerstörungen nicht rückgängig“ zu machen seien. Angesichts der seit 1990 wiedererstandenen spätbarocken Stadtstrukturen ist das ein recht weltfremdes Argument. 


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