© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Gegensätze zusammenführen
Debatte: Das Netzportal Dbate möchte mit eigenen und im Netz gesammelten Videos unterschiedliche Standpunkte zeigen
Roman Goth

In einer Podiumsdiskussion zu der am 19. April in der ARD ausgestrahlten Dokumentation „Nervöse Republik“ sind sich Frauke Petry und Sarah Wagenknecht einig: Zu oft lieferten die klassischen Medien mehr Meinung als Berichterstattung. Daß neben der Medienskepsis vieler Bürger gerade auch ein Vertrauensverlust einiger Politiker dem Fernsehen gegenüber zu beobachten ist, hält der Journalist und Urheber des Dokumentarfilms, Stephan Lamby, für eine „dramatische Entwicklung“. 

Das von ihm redaktionell geleitete Webportal dbate.de versteht sich als Mittler zwischen Information und Meinung. „Rau“ will es sein, „Videos. News. Debatte“ liefern. In sechs Rubriken werden politische und gesellschaftlich relevante Netzinhalte ausgewählt, aufbereitet und eigenproduzierte Beiträge präsentiert. 

Der wachsenden Skepsis gegenüber tendenziöser Berichterstattung begeg­net dbate mit ausführlichen Video-Interviews, in denen sich die Gefragten äußern, ohne verbal oder durch einen ungnädigen Schnitt unterbrochen zu werden. So erfährt der Zuschauer, daß der Schauspieler Armin Rohde „mehr Lehrer und Sozialarbeiter“ in Gebiete schicken möchte, in denen besonders viele AfD-Wähler wohnen. Deren Bundesvorsitzende, Frauke Petry beklagt ein „Zurückweichen der demokratischen Kultur“ in Deutschland und spricht sich unzensiert gegen Zensur aus. 

Demgegenüber konstatiert Bundesjustizminister Heiko Maas in seinem Einzelinterview, daß verbale Gewalt „immer auch die Vorstufe zu körperlicher Gewalt“ sei, und hält die unzensierten Kommentare in den sozialen Medien für „gar nicht so schlecht“, weil man daran sehen könne, „wie es in unserer Gesellschaft wirklich aussieht“. Tiefere Analysen gehören nicht zum Konzept des Portals, doch ausführliche Meinungsäußerungen aller politischen Richtungen, buntes und debattenförderndes aus Politik und Gesellschaft finden hier Raum. So will dbate beantworten, wie „Virtual Reality“ unser Leben verändert oder wie gefährlich „Social Bots“ sind. Transgender berichten über ihr Leben, und eine syrischstämmige dbate-Kolumnistin wagt sich mit dem Niqab in deutsche Städte, wobei sie auf Menschen stößt, die Angst vor Islamisierung haben. 

Der Youtube-Aufreger „Last Calls From Aleppo“ findet sich neben dem Video-Beitrag „Sie Fotzen-Arschloch!“, in dem Politiker und Journalisten Haß-Mails vorlesen. dbate will rau sein, raut dabei aber oft nur die Oberfläche auf. Die eigentliche, direkte Meinungskonfrontation bleibt Aufgabe des Nutzers.