© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/17 / 14. April 2017

„Woran glaubst du?“
Luther und die Fürsten: Ausstellung „Die Hohenzollern und die Konfessionen“
Martina Meckelein

Goethe läßt das Gretchen ihren Faust im Garten fragen: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) stellt im Parterre des Köpenicker Schlosses stellvertretend für Luther, Zwingli und Calvin den Hohenzollern die alles entscheidende Frage: „Woran glaubst du?“ und versucht anhand von 200 Exponaten aus der Zeit von 1517 bis 1740 Antworten darauf zu finden.

Ablaßbriefe, Luthers originaler 95 Thesen-Druck aus Leipzig, der etwa 30 Kilo schwere Faltenrockharnisch des Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Ansbach ganz aus Eisen – Zeugen einer revolutionären Zeit. Sie sind jetzt in der Sonderausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz und des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen. Es ist eine kleine, aber feine Ausstellung.

Das ausgehende Mittelalter auf der Schwelle zur beginnenden Neuzeit war die Zeit, in der die Hohenzollern sich anschickten, zu den mächtigsten Fürsten des Reiches zu werden. „Ausschlaggebend war nicht nur: Was glaubst du?, sondern: Was ist das Beste für mich, meine Dynastie?“, erklärte Mathis Leibetseder, Referent am Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, vorigen Donnerstag zur Ausstellungseröffnung in der Schloßkirche die Strategie der Hohenzollern. Dazu gehörten neben ihrem Ringen um die wahre Konfession ihre geschickte Heiratspolitik, ihre Geldtricksereien und ihre Stellung zum Kaiser – der ja immerhin ein Habsburger war.

Der Parforceritt über 200 Jahre, um „die Geschichte und die Klischees besser zu verstehen“, so SPK-Präsident Hermann Parzinger, beginnt mit einem erbitterten Gegner der Reformation: Joa-chim I., der mit gerade 15 Jahren sich an die Macht kämpfte, 70 Raubritter, davon 40 von Adel, 1506 aufknüpfen ließ, um die Macht des Hauses gegen den brandenburgischen Adel weiter zu sichern. Der berüchtigte Junker von Otterstedt auf Dahlewitz soll in völliger Verkennung der Realitäten folgendes ans Portal des Stadtschlosses geschrieben haben: „Jochimken, Jochimken, hyde dy, fange wy dy, dann hange wy dy.“

Hier irrte der Raubritter. Nicht „Jochimken“ baumelte, sondern sein eigener Kopf prangte in Berlin auf einem Spieß. Des Kurfürsten Gattin Elisabeth mußte wegen ihrer „lutherischen Neigung“ vor ihrem Ehemann zu ihrem Onkel, dem Kurfürsten Johann von Sachsen, nach Torgau fliehen. Und so wie er die Lutherischen haßte, haßte Joachim die Juden, die er vertrieb. Erst beider Sohn Joachim II. führte 1539 die Reformation in Brandenburg ein, wobei man sich vor Augen führen muß, daß er den Konfessionskrieg  in der eigenen Familie hautnah erlebt hatte. Übrigens reiste seine Mutter nach dem Tod ihres Mannes wieder nach Brandenburg und ihr Sohn unterstützte sie derartig mit Geld, daß sie wieder Hof halten konnte.

Die zuweilen unkonventionelle Amtsführung des Renaissancefürsten Joachim II. – erinnert sei nur an den Knüppelkrieg 1567 zwischen Berlin und Spandau –, schlug mit 2,5 Millionen Gulden Schulden zu Buche. Joachim II. war es dann auch, der – sicherlich auch im Hinblick auf seinen Kontostand – die durch seinen Vater vertriebenen Juden wieder in Brandenburg ansässig werden ließ. Was sein Sohn Johann Georg sofort nach dem Tod des Vaters auf Schloß Köpenick am 3. Januar 1571, übrigens im Beisein eines gewissen Paulus Luther, Martin Luthers und Katharina von Boras fünftes Kind, rückgängig machen ließ – und sich durch die Vertreibung der Juden ohne zu vergessen, zuvor alle Schuldscheine einzutreiben, ihre Häuser zu plündern, den Münzmeister seines Vaters, Lippold ben Chluchim, hinrichten zulassen, der väterlichen Erb-Schulden entledigte. Ob seiner effiziente Haushaltsführung bekam er sinnigerweise den Beinamen Oeconomicus.

Überspringen wir 20 Jahre und kommen zum neunten Markgrafen der Hohenzollern. Nicht nur die Habsburg, auch die Hohenzollern mußten zur Landgewinnung nicht unbedingt Kriege führen. Die Hochzeit zwischen Johann Sigismund, Kronprinz von Brandenburg und Anna von Preußen, 1595, vereinte nach dem Tod ihres Vaters 1618 die mitteldeutsche Mark Brandenburg und das ostdeutsche Herzogtum Preußen als Brandenburg-Preußen. Und sie leben konfessionellen Pluralismus: Johann Sigismund trat 1613 zum Calvinismus über, seine Frau Anna blieb lutherisch.

„Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ Millionen von Untertanen wurde diese Frage nie gestellt. In einer begehbaren Blackbox sind für die Besucher die Auswirkungen für Tausende von Untertanen in Franken, Brandenburg und Preußen zu hören – erschütternde Kriegsberichte aus dem Dreißigjährigen Krieg.


Die Ausstellung „Kreuzwege. Die Hohenzollern und die Konfessionen, 1517–1740“ ist bis zum 9. Juli im Schloß Köpenick, Schloßinsel 1, täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet 6 Euro (ermäßigt 3 Euro). Telefon: 030 / 266 42 42 42

 www.smb.museum