© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Frisch gepresst

Thomas Morus. Im Dezember 1516 in Löwen gedruckt, konnte die „Utopia“ des Lordkanzlers Thomas Morus, einer der einflußreichsten neuzeitlichen Entwürfe des Idealstaats, vor kurzem ihren 500. Geburtstag feiern (JF 48/16). Für den emeritierten Tübinger Wirtschaftswissenschaftler und Abgeordneten des Europaparlaments Joachim Starbatty, der einer historisch gebildeten Generation von Fachvertretern angehört, die Ökonomie noch nicht mit Mathematik verwechselte, war mit dem Jubiläum die Zeit gekommen, sich einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen. Vor zwanzig Jahren hatte er den „tollkühnen Entschluß“ in die nicht aus der Portokasse zu finanzierende Tat umgesetzt und die erste, von Morus selbst redigierte Baseler Ausgabe der „Utopia“ (1518) erworben. Mit dem Ziel, sie als Faksimile öffentlich zugänglich zu machen. Dies ist nun mit Hilfe des auf die „Rettung von Kulturgut“ spezialisierten Olms-Verlages erreicht, der eine bibliophil ansprechende Reproduktion des lateinischen Originals besorgte. Der Begleitband bietet dazu eine deutsche Übersetzung sowie zwei in den Kontext der politischen Ideengeschichte einführende Beiträge von Starbatty und dem Tübinger Philosophen Otfried Höffe. (wm)

Joachim Starbatty (Hrsg.): Thomas Morus. De optimo reipublicae statue deque nova insula Utopia, und: Über Thomas Morus‘ Utopia. 164 und 192 Seiten, Verlag Olms-Weidmann, Hildesheim 2016, 98 Euro





Rußland. Die einzig positive Altlast der Sowjetunion ist wohl der Export des 1967 in Moskau geborenen und seit 1990 in Berlin lebenden Schriftstellers Wladimir Kaminer. Seine gerade erschienenen Betrachtungen über Rußland unter dem unmißverständlichen Titel „Goodbye, Moskau“ zeigen Kaminer auf dem Höhepunkt seiner Autorschaft, auch hinsichtlich seines lakonischen Humors. Das Buch erscheint so zugleich als ein Antidot der noch immer endemischen DDR-Nostalgie, für die prototypisch der Film „Good Bye, Lenin!“ stehen mag. Kaminers Abrechnung mit den Lebenslügen der Sowjetunion dürfte manchem DDR-Bürger ein Déjà-vu-Erlebnis bescheren. Beispielhaft ist die Reflexion „Warten auf Kuba“, wo es einleitend heißt: „Unsere Geschichte ist ein Schmorgericht. Es kocht auf kleiner Flamme, damit nichts anbrennt. Und manchmal lösen sich wichtige Zusammenhänge in der Brühe der Erinnerungen auf.“ (cd)

Wladimir Kaminer: Goodbye, Moskau. Betrachtungen über Rußland. Goldmann Verlag, München März 2017, broschiert, 223 Seiten, 12,99 Euro