© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Ist Europa derzeit wirklich auf einem guten Weg?
Der Euro war kein Geschenk
Dirk Meyer

Zur 60-Jahr-Feier der Römischen Verträge und beim 25. Jubiläum des Maastricht-Vertrages wurde nicht nur offiziell gefeiert, sondern auch publizistische Lobeshymnen gesungen. Die Vorteile einer Versöhnung oder des EU-Binnenmarktes bezweifeln wenige. Die These „Der Euro war ein Geschenk!“, die kein CDU-Politiker, sondern Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), in der FAS aufstellte, machte viele Fachkollegen dagegen sprachlos.

Die Währungsunion war kein Geschenk, sondern ein gegenüber Frankreich hart erkaufter „Deal“, den Helmut Kohl als Gegenleistung für die Einbindung des wiedervereinigten Deutschlands in Europa zu zahlen bereit war. Fratzscher vergleicht den Euro mit der D-Mark-Einführung der DDR: „War die deutsch-deutsche Währungsunion ein Erfolg?“, fragt der DIW-Chef. Ja, sie galt als alternativlos – aber sie hinterließ durch die 1:1-Umstellung der DDR-Löhne für lange Zeit eine ökonomische Wüste. Und nur der deutsch-deutsche Zusammenhalt machte Sozialtransfers, Subventionen und Fördergelder in Billionenhöhe möglich.

Dieses Modell ließe sich als Rettungsschirm XXL auf die mediterranen Eurostaaten übertragen. Zudem waren die Ostdeutschen bereit, zwecks Beschäftigung in den Westen umzusiedeln oder zu pendeln. Die EU-Binnenwanderung ist hingegen eher gering. Gilt in Deutschland das bündische Prinzip – Haftung des Bundes für das jeweilige Bundesland –, so mußten zwecks Eurorettung der Haftungsausschluß und die Unabhängigkeit der EZB geopfert werden.

Fratzscher fordert zu Recht eine „Verbesserung der Qualität staatlicher Institutionen“, die für die Wettbewerbsfähigkeit der mediterranen Länder in der Währungsunion vonnöten sei. Ein Vorschlag: Wie in der Ex-DDR überlassen wir Spanien und Griechenland deutsche Finanzbeamte zur Steuereintreibung. Auch könnten deutsche Richter der italienischen Justiz auf die Sprünge helfen. Man darf gespannt sein, wie dies in Rom ankäme. Fratzscher sieht Europa „auf einem guten Weg, die für den Erfolg des Euros notwendigen Reformen anzugehen, etwa durch die Bankenunion und eine Kapitalmarktunion“. Die gerade vom italienischen Parlament beschlossenen Staatshilfen zur Bankenrettung und die einer Kapitalflucht aus Zypern und Griechenland entgegenwirkenden Kapitalmarktbeschränkungen passen da weniger ins Bild.

Schließlich greift der DIW-Präsident sogar zur Stigmatisierung: „Die größten Gefahren für die Zukunft Deutschlands und Europas sind Populismus und Protektionismus.“ Gerade das Denkverbot hinsichtlich der Euro-Alternativen hindert jedoch eine gedeihliche europäische Zukunft. Diese könnte in einem Euro 2.0 mit nationalen Parallelwährungen liegen.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.