© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Atmosphärische Störungen
AfD: Zwei Vereine konkurrieren um den Status als parteinahe Stiftung / Mitgliederversammlung wählt Konrad Adam überraschend von Vorsitz ab
Christian Vollradt

In elf Landesparlamenten ist die AfD zur Zeit vertreten, in zwei weitere möchte sie im kommenden Monat einziehen, und auch eine Bundestagsfraktion deutet sich ab Herbst an. Was die Partei formal am ehesten von ihren etablierten Mitbewerbern unterscheidet, ist, daß ihr auch vier Jahre nach Gründung noch immer eine ihr nahestehende Stiftung fehlt. Dafür gibt es einen Grund, der – das geben Beteiligte mit Bedauern zu – nicht untypisch für die AfD ist: innerparteiliche Querelen und persönliche Animositäten.  

Erst am 10. Dezember vergangenen Jahres war der zweite Anlauf zur Gründung der Desiderius-Erasmus-Stiftung als parteinaher Stiftung der AfD unternommen worden. Diese Neugründung war erforderlich geworden, weil das zuständige Amtsgericht in Frankfurt am Main die Gründung des von Parteimitbegründer Konrad Adam geleiteten Vorgänger-Vereins wegen einer zu geringen Teilnehmerzahl für fehlerhaft gehalten und die Eintragung ins Vereinsregister abgelehnt hatte. Adam hatte die möglichst schnelle Wiederholung initiiert und sämtliche Landesvorstände sowie den Bundesvorstand über die Gründe informiert. Stiftungszweck des nach dem 1536 verstorbenen Humanisten Erasmus von Rotterdam benannten Vereins sind die Förderung der staatsbürgerlichen Bildung, der Künste und Kultur, der europäischen und internationalen Verständigung sowie der wissenschaftlichen Fortbildung junger Menschen. Zum Vorsitzenden der neuen Stiftung wurde erneut Konrad Adam gewählt, der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Patrick Berg und der Rechtsanwalt Rainer Gross wurden seine Stellvertreter.

„Da habe ich keine Berührungsängste“

Im März wurde dann bekannt, daß ein weiterer Verein zur Gründung einer AfD-nahen Stiftung in den Startlöchern steckt, die Immanuel-Kant-Stiftung. Als Vorsitzender fungiert dort der Publizist Bruno Bandulet. Mit dieser Konkurrenz, so witterten Medien und innerparteiliche Kritiker, wolle das Duo Frauke Petry und Marcus Pretzell sich Einfluß und Zugriff auf die Stiftung sichern. Petry bestritt entsprechende Absichten. Aus ihrem Umfeld hört man, daß eher der „schwierige Charakter“ Konrad Adams den Ausschlag gegeben habe. Besonders pikant: Der Schatzmeister der Desiderius-Erasmus-Stiftung, Gerhard Fischer, macht auch bei der Immanuel-Kant-Stiftung mit.

Adam mußte derweil am vergangenen Wochenende den nächsten Rückschlag hinnehmen. Die Mitgliederversammlung wählte ihn (sowie Schatzmeister Fischer) ab und seinen bisherigen Stellvertreter Gross an die Spitze. „Atmosphärische Dinge“ seien dafür ausschlaggebend gewesen, so Gross gegenüber der JUNGEN FREIHEIT, mehr möchte er unter Verweis auf die Vertraulichkeit der Sitzung nicht sagen. Er würde es jedoch sehr bedauern, sollte „Herr Adam der Stiftung künftig nicht mehr zur Verfügung stehen“. Einem Austausch mit der Immanuel-Kant-Stiftung stehe er positiv gegenüber, meint Gross, „da habe ich keine Berührungsängste“. Am Ende müsse jedoch ein klares Verhältnis herrschen, wer die parteinahe Stiftung der AfD ist: „Und das wollen wir sein.“ Noch sei der Verein allerdings nirgendwo eingetragen, und es gebe auch bisher keine Bestätigung der Finanzbehörden, so Gross. 

Nach Informationen der JF liegen für den Bundesparteitag in Köln zwei Anträge vor, die Desiderius-Erasmus-Stiftung als AfD-nah anzuerkennen.