© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Mit Kaugummiasphalt gegen Schlaglöcher
Sächsische Firma will mit einem weiterentwickelten britischen Patent die Straßeninfrastruktur heilen
Paul Leonhard

Der Frühling hat begonnen und überall das gleiche Bild: Schlaglöcher und Frostaufbrüche auf den Straßen, denen – so Geld vorhanden ist – Bauarbeiter mit dampfendem Asphalt zu Leibe rücken. Daß es auch anders geht, beweist eine englische Erfindung: Kaugummiasphalt. Das Wort erinnert an jene Überreste, die Fußgängerboulevards bedecken und nur schwer zu beseitigen sind. Der neue Stoff, der aus von einer hauchdünnen Spezialschicht umschlossenen Asphaltkörnern besteht, wurde von der Firma Macismo in Worcester als Reparaturasphalt entwickelt und als „Macfix“ patentiert. Seit 2005 wird produziert. Dabei wird recyceltem Bitumen ein Additiv beigesetzt, das ursprünglich auf Erdöl-, inzwischen auf Pflanzenölbasis gewonnen wird.

Ohne Erwärmen direkt ins Schlagloch

Gegenüber dem Heißasphalt hat Kaltasphalt viele Vorteile. Er kann ohne Erwärmen direkt in das Schlagloch eingefüllt werden. Er sitzt nicht wie ein Pfropfen im Schlagloch, sondern paßt sich geschmeidig an den Altasphalt an, da bei der mechanischen Verdichtung die Schicht um die Bitumenkörner aufbricht. Es entsteht frost- und wasserundurchdringliche Oberläche, die binnen Minuten aushärtet. Es ist keine Fugen- oder Randabdichtung erforderlich. Der Asphalt ist zwei Jahre lagerfähig – und: sofort nach dem Einbringen kann der Verkehr wieder fließen. Je mehr desto besser, denn dieser übernimmt das Nachverdichten. Kaltasphalt kann bei Temperaturen zwischen zehn Grad minus und 45 Grad plus eingesetzt werden.

Daß ein Mittelständler wie die Strabau Meißen 2011 die Lizenz von den Briten übernehmen konnte, hängt mit „fehlender Visionsfreudigkeit“ der großen Baukonzerne zusammen, sagt Frédéric Robert-Kasper. Als die Strabau in die Insolvenz ging, gründeter der Franzose, zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer des Baustoffwerkes Kalkreuth, zusammen mit Strabau-Projektleiter Sven Stumberger-Fischer 2013 die Baustoffproduktions- und Handelsgesellschaft (BPH) in Königsbrück bei Dresden. Sie erhielten die Macfix-Exklusivlizenz für Deutschland, Österreich und Frankreich. Bereits zuvor hatten sie die Rezeptur auf die Verhältnisse in Deutschland angepaßt und sich den Namen „Kaugummiasphalt“ schützen lassen.

„Asphalt ist meine Spezialität“, sagt Robert-Kasper. Sein Diplom als Bauingenieur hat der 45jährige an der TU Dresden erworben und pflegt seine Kontakte zu den dortigen Wissenschaftlern. So befaßte sich eine Diplomarbeit mit der Wirtschaftlichkeit von Reparatur­asphalten am Beispiel des Kaugummiasphalts gegenüber Heißasphalt. Diese wurde 2016 mit dem Preis der Kirchhoff-Stiftung als beste Arbeit im Bereich Straßenbau ausgezeichnet. Derzeit begleitet das Straßenbaulabor der TU Dresden ein Langzeitprojekt mit der Stadt Dresden.

Das Straßen- und Tiefbauamt Dresden war skeptisch. So erschreckten Radiosender im April 2013 mit der Schlagzeile „Bewährungsprobe – Kaugummiasphalt hält nicht, was er verspricht“. Nach zweijähriger Testphase habe sich herausgestellt, daß sich das Gemisch nicht für alle Straßen eigne, insbesondere nicht für Kurven, und auf stark befahrenen Trassen leicht wieder herausbreche. Man werde größere Straßenschäden deshalb wieder mit heißem Asphalt beseitigen, teilte das Amt damals mit.

Nachforschungen ergaben jedoch, daß Kaugummiasphalt an Stellen eingesetzt wurde, wo bereits die gesamte Deck- und Tragschicht einschließlich des Unterbaus zerstört und die Straße abgesackt war. Entwickelt wurde er aber für die „schnelle und hochwertige Reparatur von Straßen und Wegen, Frostaufbrüchen, Lichtschachtabdeckungen, Rissen sowie das Schließen von Aufbrüchen und Gräben von Versorgungsleitungen“, so Robert-Kasper. „Wir bieten ein einfaches, aber leistungsstarkes Reparaturkonzept.“ Die Haltbarkeit von Kaltasphalt hat inzwischen auch das Prager Verkehrsministerium bestätigt. Die Schweiz und Österreich haben Sublizenzen erhalten. In Frankreich, Slowenien und den Beneluxländern wird Kaugummiasphalt als „Macphalt“ vertrieben.

Baustoff-Produktions- & Handelsgesellschaft: bph-sachsen.de/