© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Kein Störfeuer
Freiheitlich-konservativer Aufbruch: Zusammenschluß von Merkel-Kritikern
Christian Vollradt

Die Vernetzung der Konservativen in der Union nimmt Formen an. Am vergangenen Wochenende trafen sich rund 50 Vertreter konservativer Kreise aus CDU und CSU in der beschaulichen nordbadischen Kleinstadt Schwetzingen, um einen bundesweiten Dachverband ins Leben zu rufen. Unter dem Namen „Freiheitlich-konservativer Aufbruch“ (FKA) will der frisch gegründete Verein all jenen Christdemokraten wieder eine politische Heimat bieten, die Angela Merkels Linkskurs in der Union kritisch gegenüberstehen. 

Insbesondere die CDU solle sich wieder stärker auf ihren Markenkern besinnen, lautet eine der zentralen Forderungen des FKA, an dem sich mehr als 20 konservative Kreise der CDU/CSU beteiligen. Darunter auch der Berliner Kreis um den ehemaligen hessischen Kultus- und Justizminister Christean Wagner, der gemeinsam mit der Düsseldorfer Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel als Redner unter den knapp 70 Vertretern konservativer Kreise mit von der Partie war. Der Gründungsaufruf hatte für ein erhebliches Medienecho gesorgt, fast alle großen Tageszeitungen berichteten, die linke taz spottete über die „Reaktionäre Selbsthilfegruppe“. Auch in Tagesschau und Tagesthemen war der „Aufbruch“ Gegenstand einer ausführlichen Berichterstattung. 

Insbesondere die Parteiführung in Baden-Württemberg reagierte verschnupft. Den Umstand, daß die Gründungsversammlung zeitgleich zum CDU-Landesparteitag in Sindelfingen stattfand, empfand man dort als „respektlos“.

„Das war jedoch keine Absicht“, versichert der einstimmig zum Vorsitzenden gewählte Alexander Mitsch. Ohnehin wolle man der CDU „nichts Böses“, schon gar nicht die Partei in irgendeiner Weise spalten, unterstreicht der 49 Jahre alte Diplom-Kaufmann. „Es ist ja auch unsere CDU, und wir möchten sie stärker machen.“ Vor allem gelte es jetzt, Rot-Rot-Grün auf Bundesebene zu verhindern. Allerdings werde sich der FKA nicht davon abbringen lassen, für eine Kurskorrektur innerhalb der Union zu werben. Diese sei notwendig, um sich deutlicher als bisher von SPD, Grünen und Linkspartei abzugrenzen. Vor allem die unkontrollierte Masseneinwanderung bereite den Konservativen Sorge. 

„Wir sind weder Störfeuer noch ein Problem“, widerspricht auch Christean Wagner der Kritik aus der Parteiführung. Die Verbandsgründung sei vielmehr konstruktiv im Sinne der Union, um Nichtwähler und an die AfD verloren­gegan­

gene Christdemokraten zurückzugewinnen. 

Bundesweite Welle der Euphorie 

Neben dem Berliner Kreis haben sich unter anderem der schon länger existierende Konservative Aufbruch in Bayern und „Konrads Erben“, eine Gruppe von Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem FKA angeschlossen. Dem neugewählten Vorstand gehören auch der wegen eines AfD-Like als Justizminister von Mecklenburg-Vorpommern verhinderte Sascha Ott und der renommierte Medienrechtler Ralf Höcker an. 

Unter den Konservativen in der Union hatte der Gründungsaufruf eine bundesweite Welle der Euphorie ausgelöst. „Der Zuspruch ist enorm“, sagt Alexander Mitsch. Zahlreiche Beitritts-anfragen an den FKA seien die Folge. Der ehemalige JU-Bezirksvorsitzende möchte zudem erreichen, daß der Verein „mittelfristig“ als Sonderorganisation der CDU anerkannt werde. Ein Unterfangen, das in der Parteiführung auf Widerstand stößt. So erklärte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bereits, daß es „weltanschauliche“ Organisationen innerhalb der Union nicht geben werde. 

Inhaltlich beschloß die Gründungsversammlung ein 30-Punkte-Programm. Darin fordern die Konservativen ähnlich wie die CSU eine Obergrenze, die Einführung von Transitzonen, einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen und deutsche Grenzkontrollen. 

Im Mittelmeer aufgegriffene Migranten sollen an die Küste zurückgeführt werden, von der sie gekommen sind. Darüber hinaus plädiert der FKA für eine Migrationspolitik, die Assimilation statt Integration einfordert und sich an einer „europäisch-deutschen Leitkultur“ orientiert. Einwanderung solle sich am Bedarf des Arbeitsmarkts orientieren, eine weitere Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme sei nicht mehr zumutbar. 

Die Sozialstandards für Asylbewerber sollen in den EU-Mitgliedsstaaten angeglichen werden, um eine einseitige Wirtschaftsmigration nach Deutschland zu minimieren. Weitere Rettungspakete und eine Haftungsgemeinschaft in der EU lehnt der FKA ebenso ab wie einen EU-Beitritt der Türkei. Zudem sollen Mittelstand, Arbeitnehmer und Familien mit Kindern steuerlich entlastet und die kalte Progression abgeschafft werden. Auch ein Ende der „nicht durchdachten Energiewende“, die Streichung staatlicher Mittel für Gender Mainstreaming und ein „Ende der Frühsexualisierung“ an Schulen gehören zum Forderungskatalog des neuen Vereins.