© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

„Die Konsequenzen sind katastrophal“
Erst der Angriff am Pariser Flughafen Orly, dann der Anschlag von London und die Attacke von Antwerpen. Der Terror reißt nicht ab. Der Publizist und ehemalige Politiker Jean-Yves Le Gallou warnt Europa in seinem neuen Buch vor den Folgen der Masseneinwanderung
Moritz Schwarz

Herr Gallou, Ihr neues Buch heißt „Katastrophe Einwanderung“. Warum betrachten Sie Einwanderung als „Katastrophe“?

Jean-Yves Le Gallou: Weil ihre Konsequenzen katastrophal sind: Die Gehälter verfallen, die Arbeitslosigkeit steigt – unter Nicht-Europäern und ihren Nachkommen wird sie gar zwei- bis dreimal höher sein als im Durchschnitt. Das Niveau der staatlichen Schulen sinkt, auch weil französische Eltern auf Privatschulen ausweichen. Katastrophal ist sie auch für den Wohnungsmarkt, die Familien, die Umwelt, die Staatsfinanzen etc. Nicht zuletzt für die Sicherheit – mehr als die Hälfte unserer Gefängnisinsassen sind Moslems, und zwei von drei sind Ausländer oder deren Nachkommen. 

Haben Sie für Ihre Behauptungen Belege?

Gallou: Natürlich, meine Angaben zur Arbeitslosenzahl etwa stützen sich auf das französische Institut für amtliche Statistik, die zur Zahl der Straftäter auf einen Bericht des Parlaments etc. Jedoch,  die eigentliche Katastrophe ist das, was der französische Schriftsteller Renaud Camus den „Großen Austausch“ nennt.

Ist dieser nicht nur eine feuilletonistische Zuspitzung?

Gallou: Nein, es handelt sich um einen realen demographischen Austausch. Auch hierfür habe ich Daten: Dem selektiven Screening zur Sichelzellkrankheit zufolge – eine genetisch bedingte Krankheit, die nur bei Nicht-Europäern auftritt – waren 2015 in Frankreich 35 Prozent der Neugeborenen nichteuropäischer Herkunft, in der Region Paris gar zwei Drittel! Zu diesem demographischen kommt ein zivilisatorischer Austausch: Wie unter einem Apfelbaum Äpfel liegen, afrikanisieren Afrikaner und islamisieren Moslems ihre Umgebung. Dabei ist der Islam in jeder Hinsicht das Gegenteil der europäischen Zivilisation: Unterdrückung statt Freiheit, Knechtung der Frau, statt ihrer Respektierung, Verquickung von Politik und Religion, Verbot der Darstellung des Menschen in der Kunst, Scharia statt bürgerlicher Gesetze etc. Wir müssen die „Schariasierung“ Europas zurückweisen!

Bauschen Sie einen sozialen Wandel nicht einfach mit apokalyptischer Wortwahl auf? 

Gallou: Das glauben Sie? Seit vierzig Jahren publiziere ich zum Thema Einwanderung. Ich wurde beschuldigt, zu dramatisieren, zu übertreiben, gar ein Extremist zu sein. Liest man heute meine früheren Veröffentlichungen ist die einzig mögliche Kritik daran jedoch, daß ich unter- statt übertrieben habe. 

Sie haben sich politisch für die bürgerliche UDF, dann für den Front National engagiert. Sind Sie nicht voreingenommen?

Gallou: Aber ich schütze doch gar keine Neutralität vor! Ja, ich bin ein politisch engagierter Mann. Allerdings bemühe ich mich um Objektivität: Was ich schreibe, zitiere, meine Argumente – alles ist belegt. Im übrigen wünsche ich die Debatte! Gerade damit meine Thesen sich im Licht der Kritik bewähren.  

Deutsche Politiker nennen Einwanderung meist „Chance“ und „Bereicherung“. Ist das eine Irreführung der Bürger oder eine legitime alternative Betrachtungsweise?

Gallou: Jeder ist in seinen Gedanken frei! Wenn Politiker meinen, Einwanderung sei eine Chance und Islam bedeute Frieden, ist das ihr gutes Recht. Aber sie müssen auch die Meinungsfreiheit akzeptieren, Andersdenkenden Zugang zur Öffentlichkeit gestatten und darauf verzichten, diese etwa als Radikale oder Populisten zu verunglimpfen. Als Abgeordneter bin ich vielen politischen Gegnern begegnet. Doch ausgerechnet im EU-Parlament traf ich auf die schrecklichsten und freiheitsfeindlichsten Sektierer. Das war in der „Kommission der Freiheit“ des Parlaments, und das vergißt man nicht: Wir leben in einer orwellschen Welt! Der Vorkämpfer dieses Sektierertums war übrigens Martin Schulz – der schon 1995 lauthals die Internetzensur forderte. Der Gedanke, er könnte Ihr Bundeskanzler werden, läßt mich erschauern!

Wie hat man sich die „Katastrophe“, die Sie prophezeien, konkret vorzustellen? 

Gallou: Abschaffung der äußeren Grenzen, was zur Errichtung innerer Grenzen führt. Zu Zonen, in denen das Gesetz nicht gilt, wo Banden, etwa von Einwanderern, bestimmen, Frauen zur Verschleierung zwingen und Europäer nicht passieren dürfen. Diese Enklaven breiten sich aus. Die Frage ist: Wie weit? Und was geschieht, wenn eine legitime Autorität diese eindämmen will? Ich meine, dieser Konflikt ist unvermeidlich. Selbst Präsident Hollande gab dies in einem 2016 erschienenen Interviewbuch zu. Er geht darin sogar so weit, eine Teilung des Landes anzunehmen. Ohne natürlich daraus den geringsten Schluß zu ziehen! Ich sehe eine „Libanonisierung“: Eine Zerrüttung, wie im Libanon – der doch bis 1975 als die Schweiz des Nahen Ostens galt! Auch Religionskriege wie in Frankreich von 1520 bis 1598, mit ihren Erschütterungen bis ins 18. Jahrhundert hinein, sind vorstellbar. Und dabei stritten damals nur verschiedene christliche Richtungen. Es mag den Herren Hollande und Juncker und Frau Merkel nicht gefallen – doch multikulturelle Gesellschaften sind konfliktreich!

Sie waren ein höherer französischer Verwaltungsbeamter. Gibt es im Establishment ein Bewußtsein für das Heraufziehen der von Ihnen behaupteten „Katastrophe“? 

Gallou: Die Situation ist wie in totalitären Staaten: Privat erkennen die Leute die Realität, doch nehmen sie etwa an einer Arbeitssitzung teil, fällt ein bleierner Vorhang. Ich diente in der Generalinspektion des Innenministeriums: Dort war es tabu, die richtigen Fragen zu stellen! Die Vorgesetzten kennen die Lage, wollen sie aber nicht sehen. Und die Fachleute – Polizisten, Beamte der Präfekturen – wollen sie benennen, dürfen es aber nicht und werden beim kleinsten Aufbegehren dagegen diszipliniert.

Frankreich hat den stärksten islamischen Terrorismus Europas. Ist da der Höhepunkt bereits erreicht oder steht er noch bevor? 

Gallou: Was viele nicht bedenken: Das Schlimmste ist der Terrorismus der kleinen Tragweite. Die großen Attentate – Toulouse, Montauban, Charlie Hebdo, Bataclan, Nizza – sind schlimm, aber selten. Dagegen finden durch kleine Verbrechen und alltägliche Gewalt „territoriale Eroberungen“ statt, werden Stadtviertel afrikanisiert oder islamisiert. Tatsächlich leiden wir sozusagen unter einer umgekehrten Kolonialisierung. 

In Deutschland wird ein möglicher Zusammenhang zwischen moslemischer Einwanderung und islamischem Terrorismus nicht thematisiert. Existiert er nicht? 

Gallou: Dies zu denken, ist verrückt: Laut Mao Tse-tung müsse sich der Revolutionär im Volk bewegen wie ein Fisch im Wasser. In Vierteln, die islamisch geprägt sind, wie Saint-Denis in Frankreich oder Molenbeek in Belgien, sind die Terroristen wie Fische im Wasser. In manchen Vierteln wurden ihre Attentate mit Applaus gewürdigt, ebenso in Gefängnissen. Unsere Politiker sind jedoch von der Politischen Korrektheit gelähmt, denn die Realität zu benennen bedeutet, sich den Verdammungsblitzen der Medien und der sozialen Hinrichtung auszusetzen. Die Unterwerfung unter die Political Correctness zieht so eine weitere nach sich: die Unterwerfung unter die Islamisierung des Landes.

Die große Mehrheit der Moslems ist jedoch friedlich und lehnt Gewalt ab. 

Gallou: In Frankreich wird der Gewalt vielfach zugestimmt. Der Chef der „humanitären“ Moslem-Organisation „Barakacity“ hat im Fernsehen den IS verteidigt – und auf Facebook sofort 500.000 „Likes“ bekommen. Und der aus einem Einwandererviertel stammende Journalist Mehdi Meklat wurde in allen Medien als Musterschüler der Integration gefeiert – bis man entdeckte, daß er eine Vielzahl antisemitischer, proterroristischer und rassistischer Tweets gegen Weiße veröffentlicht hatte. Auf jedes Attentat folgen bei uns große Protestmärsche, doch mit Ausnahme einiger Organisationsvertreter, denen die Mikrophone gereicht werden, sind die Teilnehmer fast ausschließlich europäisch. Die Leute aus den Immigrationsvierteln dagegen fehlen. Im ganzen sympathisiert mindestens ein Drittel der jungen moslemischen Männer hierzulande mit dem Terrorismus. Mag sein, daß das in Deutschland mit seiner stärker türkisch als maghrebinisch geprägten Immigration anders ist. Doch selbst wenn 99 Prozent Terrorismus ablehnten, müßte man sich um das eine Prozent kümmern. Es sind die gewalttätigen terroristischen Minderheiten, die die Schlappen, Unentschlossenen, Unsicheren und Angsthasen mit sich reißen. Als die algerische FLN 1954 Frankreich den Krieg erklärte, indem sie ein Lehrer-Ehepaar ermordete, rief sie damit die Empörung beinahe der ganzen moslemischen Bevölkerung hervor – die sich ihr später größtenteils anschloß. Die Angst macht sich bezahlt.

Wie groß wäre mutmaßlich das Problem des islamischen Terrorismus in Frankreich, gäbe es keine moslemische Bevölkerung?

Gallou: Null.

Null? 

Gallou: Null!

Wurzelt der Terrorismus nicht maßgeblich in der sozialen, ja „rassistischen“ Ausgrenzung der europäischen Moslems durch uns?  

Gallou: Jene, die das glauben – oder aus Konformismus vorgeben, es zu glauben –, sollten zwei Fragen beantworten. Erstens: In welchem Land der Welt leben die Moslems friedlich und harmonisch mit ihren Nachbarn zusammen? Dies ist nicht einmal in skandinavischen Ländern der Fall – die nie Kolonien hatten. Auch nicht im Orient, Zentralasien, Indien, China oder Südostasien – ja nicht einmal in der neuen Welt. Zweitens: Wie hat sich der Islam ausgebreitet? Durch Frieden oder Eroberung? Der Islam und Europa  – das sind 15 Jahrhunderte voller Konflikte. Und was die „soziale und rassistische Ausgrenzung“ anbelangt, müßte man erklären, weshalb sie bei uns nur Moslems betrifft, nicht aber etwa Chinesen – die übrigens regelmäßig Opfer „rassistischer“ Angriffe junger Moslems werden. Und man müßte erklären, wie dies zum Strom öffentlicher Gelder paßt, der in die Einwandererviertel fließt. Armut herrscht in Frankreich weniger dort als im Hinterland.

Deutsche Politiker vermitteln den Eindruck, der islamische Terrorismus in Europa könne durch Aufklärung, „Toleranz“ und Bildung besiegt werden? Ist das realistisch?

Gallou: Nein. Denn der Islam ist es, der den Boden für Terror und im weiteren Sinne auch für Eroberung bildet. Er und sein Prinzip der totalitären Unterdrückung sind das wahre Problem – der Terrorismus ist nur ein Nebenprodukt.

Der Untertitel Ihres Buches lautet: „Was tun?“ – Was ist zu tun?

Gallou: Nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges wurde das deutsche Volk schuldig gesprochen. Und je mehr Zeit uns von 1945 trennt, desto größer wird die Schuldzuweisung. Schrittweise wurde diese auf die anderen europäischen Völker ausgeweitet: Schuldig, nicht ausreichend Widerstand geleistet zu haben, schuldig des Kolonialismus, schuldig der Sklaverei. Die Schuldzuweisung trifft sogar die Schweiz, obwohl sie 1939 neutral blieb, nie Kolonien besaß und nie Sklaverei betrieb. Es ist in erster Linie dieser Schuldkomplex, der die Europäer die Afrikanisierung und Islamisierung akzeptieren läßt. Das Wichtigste ist es, dem zu begegnen. An Argumenten fehlt es nicht: Erstens haben viele Völker, nicht nur die Europäer, große Taten vollbracht – aber auch erobert und Verbrechen begangen. Was die Kolonisierung betrifft: Neunzig Prozent der Afrikaner und Maghrebiner, die sich über sie beklagen, wären ohne den Komfort und die Medikamente des Westens gar nicht auf die Welt gekommen. Sie sollten sich also bedanken. Um 1900 gab es in Schwarzafrika 100 Millionen Menschen – heute mehr als eine Milliarde. Dank wem? Was die Sklaverei angeht: Fast alle Zivilisationen haben sie betrieben – doch nur die europäische hat sie abgeschafft. Zweitens: Die Vorstellung, es gäbe in genetisch vererbbarer Weise Peiniger-Völker und Opfer-Völker ist historisch falsch – und nebenbei gesagt rassistisch. Drittens: Die Sklaverei wurde vor etwa zwei Jahrhunderten abgeschafft, die Entkolonialisierung vor über fünfzig Jahren vollzogen und der Zweite Weltkrieg vor 72 Jahren beendet. Es wäre Zeit, die Ur- oder gar Ururenkel in Frieden zu lassen. Die Völker Europas müssen den Stolz auf ihre Nationalgeschichte wie auf ihre gemeinsame europäische und christliche Zivilisation wiederfinden. Dies ist die Grundbedingung einer jeden Neuaufrichtung.        






Jean-Yves Le Gallou, der Publizist, ehemalige Politiker und ranghohe Ex-Verwaltungsbeamte war zunächst Mitglied der von Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing gegründeten liberal-konservativen Partei UDF, dann des Front National und schließlich der konservativen Reformbewegung Mouvement National Républicain. Gallou war Abgeordneter des Regionalrats der Ile-de-France sowie des Europäischen Parlaments. Außerdem veröffentlichte er etliche Bücher, sein jüngstes, das allerdings noch nicht in deutscher Übersetzung vorliegt, erschien 2016: „Immigration. La catastrophe – Que faire?“ (Einwanderung. Die Katastrophe – Was tun?) Geboren wurde Jean-Yves Le Gallou 1948 in Paris.        

Foto: Terror vor dem britischen Parlament: „Was viele nicht bedenken: Die großen Attentate sind schlimm, aber selten. Viel schlimmer jedoch ist der ’Terrorismus der kleinen Tragweite’. “

 

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