© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Frisch gepresst

Flüchtlinge. Das Buch des Psychoanalytikers Hans Hopf hat seine starken Seiten. Dann, wenn der 1942 im böhmischen Teplitz Geborene lebendig das harte Los eines Vertriebenenkindes im Nachkriegsbayern erinnert, das Entbehrungen, gebrochene Erwachsene, Ablehnung durch die Alteingesessenen erfährt, entsteht ein berührendes Stück Zeitgeschichte. Diese persönlichen Erfahrungen eines Heranwachsenden werden gemischt mit den psychiatrischen Herausforderungen in der „Flüchtlingsarbeit“ und aktuellen Begleiterscheinungen der Masseneinwanderung. Und hier driftet die Argumentation grundsätzlich in die politisch korrekte Richtung, und der große Rest des Buches wird langweilig, weil erwartbar und auch ärgerlich. Dann, wenn die nordafrikanischen Sextäter von Köln pauschal als „schwer traumatisiert“ beschrieben werden. Dann, wenn der Autor „Fremdenfeindlichkeit“ pathologisiert, die AfD verteufelt, aber das Eindringen von Millionen Versorgungssuchender aus der islamischen Welt als gegeben hinnimmt. „Irrationale Attentate“ von „Einzeltätern“ würden „künftig zu unserem Lebensrestrisiko gehören“. Mit der Religion Mohammeds hätten derlei Mordtaten selbstverständlich nichts zu tun. Was aber tun mit „platten Vorstellungen von Gott und einem infantilen Paradies? Alle Moslems sollten sich erkennbar von solch wirren Phantasien distanzieren.“ Ein Buch für Gutmenschen und tragische Idealisten. (ru)
Hans Hopf: Flüchtlingskinder gestern und heute. Eine Psychoanalyse. Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2017, gebunden, 237 Seiten, 20 Euro




Schwarzweiß. Der Journalist Mohamed Amjahid will der privilegierten „biodeutschen Mehrheit“, explizit dem heterosexuellen weißen Mann, den Spiegel vorhalten. Die Weißen pflegten einen offenen oder versteckten Rassismus gegenüber „allen anderen“, was diese anderen, speziell schwarze und nordafrikanische Muslime zu Verlierern mache. Warum Vorurteile einen schwarzhaarigen Mohamed eher treffen als einen ähnlich aussehenden Antonio, hinterfragt der bekennende Atheist kaum. Vorurteile seien per se ein rassistisches Übel und der Weiße meist ein sich im Alltagsrassismus verheddernder Tölpel oder gar ein bewußt diskriminierender AfD-Sympathisant. Als Sohn marokkanischer Gastarbeiter verarbeitet Amjahid die Enttäuschung seiner Eltern, die trotz harter Arbeit nicht dem Frankfurter Arbeiterviertel entfliehen konnten und nach Marokko zurückkehrten. Seine Mutter wünscht sich eine blonde, blauäugige Schwiegertochter und „ein süßes, weißes Enkelkind, das im Leben erfolgreich ist und nicht diskriminiert wird“. In larmoyanten Schilderungen kreist Amjahid um seinen Identitätskonflikt und spielt in anekdotischer Evidenz das Benachteiligungsparadigma rassistischer Umstände durch. Was teils skurril wirkt, etwa wenn es zur spontanen Verbrüderung mit einem Transvestiten vor dem Brandenburger Tor kommt. Die „Marginalisierten dieser Welt“ müßten gegen die Weißen zusammenhalten. (mv)
Mohamed Amjahid: Unter Weißen. Was es heißt, privilegiert zu sein. Hanser Verlag, München 2017, broschiert, 188 Seiten, 16 Euro