© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Wandel durch Annäherung“, JF 12/17

Bilder sagen mehr als Worte

Die begleitenden Fotos des Interviews sagen mehr als tausend Worte. Mögen Bild und Ton bei einem Streitgespräch politischer Rivalen in einem Fernsehduell noch aussagekräftiger sein – in einem Printmedium wie der JF ist der Leser auch darauf angewiesen, Mimik und Gestik, also die Bildersprache eines Interviews oder Dialogs auszulegen. 

Knapp und klar stellt sich Saskia Ludwig (CDU) im Gespräch dem Spitzenkandidaten der AfD, Alexander Gauland (ehemals CDU), scheint Argumente aufzuzählen, während ihr Gegenüber höchst unbeteiligt, ja gelangweilt wirkt. Sein Gesichtsausdruck signalisiert eine Streßbelastung in einer für (Spitzen-) Politiker doch alltäglichen Situation. Bereut er etwa, daß er sich auf das Gespräch mit seiner ehemaligen Mitstreiterin im „Berliner Kreis“ der Konservativen in der CDU eingelassen hat? 

Es ist diese Ausgangssituation, es sind die „alten Zeiten“, die dem Ex-Staatssekretär der CDU Hessen zu schaffen machen, auch der Vorwurf, „fahnenflüchtig“ geworden zu sein aus dem Munde eines weiblichen Reserveoffiziers der Bundesmarine dürften Gauland mehr belasten als unkritische Nachläufer und Jasager in CDU-Vorständen und Parlamentsfraktionen, die für ihn Anlaß waren, von der Fahne zu gehen. Sein Gesichtsausdruck bestätigt allerdings ein Eingeständnis, durch seinen Schritt in der CDU keine Wende zugunsten eines Bekenntnisses zu konservativen Werten erreicht zu haben, was seine Sparringspartnerin als „Bärendienst“ charakterisierte. 

Wer den inneren Kesseldruck in der CDU realistisch einschätzen will, muß allerdings bis 1982 zurückblicken, als der CDU-Bundesvorsitzende und Bundeskanzler Helmut Kohl die „geistig-moralische Wende“ eingefordert hat. Es ist das Kurzzeitgedächtnis, das Politikern hilft, daß entschuldigt wird, wenn Wahlkampf- und andere Versprechungen „vergessen“ werden. Der JF-Beitrag nebst Bild dürfte im Langzeitgedächtnis 2017 ff. haften bleiben.

Willi Eisele, Wolfratshausen






Zu: „Freiheit ist unteilbar“ von Michael Klonovsky, JF 11/17

Besseres findet sich allemal

Auch ich finde, die türkischen Behörden sollten den Rass(...), pardon „Journalisten“ Deniz Yücel wieder freilassen. Aber ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn sie sich Zeit lassen.

Jürgen Hollmann, Weidenberg






Zum Lesereinspruch: „Besser ohne Luther“ von Klaus-Peter Kubiak, JF 11/17

Dreimal mörderischer Atheismus

Folgendes möchte ich zu bedenken geben: In exakt 200 Jahren, von 1789 bis 1989 wurde Europa durch drei Revolutionen erschüttert: Eine französische, eine deutsche und eine russische. Alle drei proklamierten großspurige Programme: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ die französische, das „Tausendjährige Reich“ die deutsche, das „Paradies des Kommunismus“ die russische. Christentum und menschliches Gewissen galten für diese Ideologien als Störfaktoren. Gott wurde für tot erklärt, Religion sah man als Hindernis für den Fortschritt an. In Frankreich verbot man das Christentum und baute der Göttin Vernunft einen Tempel. Hitler wollte unser Volk zu den nordischen Kriegsgöttern zurückführen. „Gewissen ist Ballast“ lehrte er die SS. Das aber machte viele zu „Bestien in Menschengestalt“. Und im Sozialismus sollten wir singen: „Uns rettet kein höheres Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun“. Was aber brachten uns die drei antichristlichen Ideologien? Unfreiheit, Diktatur und gewissenlose Verräter, Denunzianten und Mörder. Alle drei Revolutionen hinterließen ein Meer von Blut und Tränen und viele gescheiterte Menschen. 

Der französische Philosoph Voltaire schrieb: „Wenn Gott nicht wäre, müßte man ihn erfinden“, was heißen sollte: Ohne Gott verliert der Mensch seine Würde und das Wissen um seine Verantwortung! Der tiefsinnige russische Philosoph Dostojewski (1821–1881): schrieb: „Eine Welt ohne Gott endet immer im Chaos.“ Als Lehre daraus setzten die Väter des Grundgesetzes an seinen Anfang die Worte: „In Verantwortung vor Gott (…)“ Herr Kubiak meint: „Besser ohne Luther.“ Ich meine: „Besser ohne Atheismus.“

Uwe Holmer, Serrahn




Nicht mal mehr zum Lachen

Die Ausführungnen des Herrn Kubiak sind einfach zum Weinen, denn über soviel Unsinn kann man nicht mehr lachen. Offenbar kennt er die Lehren Luthers überhaupt nicht. Ausgangspunkt von Luthers Kirchenkritik war der Ablaßhandel, der dazu diente, sich mit kirchlichem Segen von den Sünden freikaufen zu können. Man erwarb quasi eine Eintrittskarte in den Himmel. Weiter wollte Luther, daß jeder Christ die Bibel selber lesen sollte, daß er nicht im Sinne der kirchlichen Hierarchie dumm gehalten werden konnte usw. Luther wollte nicht die Spaltung der Kirche, sondern deren Reformation, was Papst und Kaiser ablehnten. 

Den Prager Fenstersturz 1618, der den Dreißigjährigen Krieg ausgelöst hat, haben zwar böhmische Protestanten ausgeführt, die Ursache waren jedoch seitens der katholischen Herrscher im Rahmen der Gegenreformation nicht mehr eingehaltene Vereinbarungen zur Religionsfreiheit. Zudem hatten die Böhmen sicher im Hinterkopf, daß ihr Reformator Jan Hus engegen den Versprechungen freien Geleits auf dem Konzil in Konstanz wegen Ketzerei 1414/15 verhaftet, verurteilt und verbrannt worden ist.

Dr. Manfred Förster, Einbeck






Zum „Bild der Woche“, JF 11/17

Peinliche Zur-Schau-Stellung

Ach ja, das schöne „kleine Schwarze“! Was ist aus ihm geworden? Immer gewagter wurde es, immer kürzer, immer kleiner, immer weniger ... Geht denn überhaupt noch mehr Reduktion, ohne ...? Ist es denn ein Wunder, daß sich eine Frauenrechtlerin zu jener kritischen Bemerkung provoziert gefühlt hat angesichts dieses Bildes, das die acht fotografierten Frauen hier abgeben? Da kann auch die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung nichts ändern am Empfinden der Betrachterin: Diese Zur-Schau-Stellung von Weiblichkeit ist einfach peinlich! Warum? Mögen die Porträtierten beim Anblick ihrer selbst allein dahin kommen, das „Warum“ zu beantworten.

Rosemarie Angermann, Berlin






Zur Meldung: „SPD will ‘Ehe für alle’ durchsetzen“, JF 11/17

Ehe ja, aber kein Splitting

Es gibt keinen Grund, warum gleichgeschlechtliche Paare keinen standesamtlichen Bund fürs Leben schließen sollen. Allerdings gibt es keinen Grund, warum gleichgeschlechtliche Paare vom Staat mittels Ehegattensplitting subventioniert werden sollten, ansonsten würde man einen gesellschaftlichen Nutzen einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft unterstellen.

Klaus Buchwald, Augsburg






Zu: „Bis zum Kollaps der Modernisierung“ von Wolfgang Müller, JF 11/17

Genius der marxistischen Linken

Der Artikel über Robert Kurz ist ein Ausdruck von Meinungs- und Pressefreiheit – und also einer „Wochenzeitung für Debatte“! Es freut mich, daß die JF sich so vorurteilsfrei und wertschätzend mit dem wohl genialsten Denker der marxistischen Linken befaßt und seiner Philosophie ohne Feindschaft begegnet und sie in den Kontext der aktuellen politischen Diskussionen stellt. 

In der Vergangenheit ist mir mehrmals aufgefallen, daß die JF die beachtliche journalistische Fähigkeit besitzt, sich mit dem politisch Andersdenkenden offen auseinanderzusetzen. So in der JF 34/16 über das Buch von Sahra Wagenknecht „Reichtum ohne Gier“, wo Wagenknecht handwerklich solide hohe Kompetenz in ihrer Kritik des realexistierenden Kapitalismus bescheinigt wird. Es wird keine Demagogie am politischen Gegner betrieben. So sollte Journalismus generell funktionieren. 

Es ist nicht selbstverständlich, daß eine Zeitung sich mit den politischen Auffassungen des politisch Anderen in einer offenen Debatte befaßt. Nicht vorstellbar ist, daß die taz oder der Freitag über Denker wie Ernst Nolte oder Rolf Peter Sieferle in dieser Weise berichten würden. Sie würden im Gegenteil als finstere und bösartige Reaktionäre stigmatisiert. Doch zurück zu Robert Kurz: Bereits in den siebziger Jahren hatte er sich von den K-Gruppen gelöst. Im Verzicht auf das Denken sah er den größten Frevel und die Gefahr des Abgleitens in totalitäre Zustände. Auch seine Gegnerschaft zu Habermas, den sogar manch Linker als „Labermas“ bezeichnete, ist hier treffend beschrieben.

Peter Fischer, Hirschhorn/Neckar






Zu: „Europa fehlen die Eier“ von Verena Inauen, JF 11/17

Erinnerung an Südwest-Afrika

Dieser Artikel, der sich um die Hoden, Eier, balls, testicles, testiculele von Stieren, Ziegen und anderen Tieren drehte, hat mich sehr amüsiert. Er ist einfach toll geschrieben, und ich mußte so manches Mal unwillkürlich beim Lesen lachen. Die Formulierungen waren treffend genau und bereiteten mir großes Vergnügen. Mich hat das an meine Jugend im damaligen Südwest-Afrika (heute Namibia) erinnert. Wenn die Bullenkälber kastriert wurden, warteten die Namas und Hereros bereits auf die Hoden, um sie in dem Feuer zu grillen, in dem auch die Brenneisen glühend gemacht wurden. Offensichtlich war es für sie eine Delikatesse, denn sie aßen diese besten Stücke der Kälber mit großem Wohlbehagen. Sie boten meinen Brüdern und mir an, ebenfalls davon zu essen, aber wir mochten nicht. Andere Schulkameraden waren da nicht so zimperlich und bestätigten mir den guten Geschmack. Überzeugen konnten sie mich allerdings nicht.

Helmut von Brandis, Iphofen






Zu: „Eintritt frei“ von Thorsten Hinz, JF 10/17

Unendliche Hilfsbereitschaft

Wer fragt endlich den schwerkranken Mann am Bosporus, wo die Türkei heute stünde, ohne die schier unendliche Hilfsbereitschaft des deutschen Staates und der deutschen Bevölkerung. Wie hätte sie ihre Millionen Arbeitslosen, ihre fast mittelalterlich lebenden Menschen etwa in Anatolien am Leben halten können? Die in unser Land hineindrängenden Gastarbeiter entlasteten den türkischen Staat entscheidend und ermöglichten der Türkei überhaupt erst den danach einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung, angetrieben auch vom einsetzenden deutschen Tourismus. Der Nutzen auf deutscher Seite war viel geringer, unter anderem, weil die Gastarbeiter einen sehr großen Teil ihres Verdienstes in die Türkei verbrachten und so der deutschen Wirtschaft Umsätze entzogen, aber auch durch erheblichen vielseitigen Sozialbetrug.

Günter Heinz, Mülheim an der Ruhr






Zur Meldung: „Deutsche als ‘Köterrasse’ – keine Volksverhetzung“, JF 10/17

Unbegründete Zurückweisung

Die Hamburger Staatsanwaltschaft lehnte eine Strafanzeige gegen den türkischen Anti-Deutschen-Hetzer Malik Karabulut mit der Begründung ab, daß die Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft die Bevölkerungsmehrheit verkörperten und damit nicht als „Teil der Bevölkerung“ zu verstehen seien, der beleidigt werden könnte. Irrtum! Die Teilnehmer des 13. Bundesweiten Kongresses der Landesbeauftragten, Bundesstiftung, Opferverbände, Aufarbeitungsinitiativen, Archive etc. in Erfurt vom 24. bis 26. April 2009 protestierten am 24. April 2009 in einem ähnlichen Fall beim Präsidenten des Deutschen Bundestages. Dessen Petitionsausschuß schrieb am 31. Juli 2009 zurück: „Soweit die Petenten eine Klarstellung begehren, daß die durch Paragraph 130 Absatz 1 und 2 StGB sanktionierten Handlungen sich auch gegen ‘die Deutschen’ als Teil der Bevölkerung richten können, ist eine solche nicht erforderlich. Auch die Deutschen sind Bevölkerungsteil im Sinne der Vorschrift. (...) Unter Bevölkerung (...) sind daher alle Menschen zu verstehen, die in Deutschland leben, gleich welche Staatsangehörigkeit sie haben.“

Peter Alexander Hussóck, Berlin






Zu: „Südländische Schlitzohren“ von Michael Ludwig, JF 10/17

Ganz ohne Jägerlatein

Sie berichten, daß sich die romanischen Staaten dafür stark machen, Latein als EU-Sprache einzuführen. Könnte man dann nicht auch im Bundestag der derzeitigen Kanzlerin auf Latein das Nötige sagen? Als abgewandeltes klassisches Zitat? „Quousque tandem abutere, Angelina, patientia nostra?“ Schließlich ist es wirklich frappierend, wie lange diese Kanzlerin schon unsere Geduld mißbraucht, statt wie Catilina von Amts wegen verfolgt zu werden. Wir können nicht einmal mehr sagen: „Videant consules ne quid detrimenti res publica capiat.“ Denn die Umstürzler, darunter einige schräge Existenzen, haben ja längst den Staat erorbert.

Wilhelm Hacke, Witten






Zu: „Wiederaufbau stößt auf Widerstand“ von Peter Möller, JF 10/17

Ein Tempel des Bauhandwerks

Lese ich richtig: Streitigkeiten um die originalgetreue Wiedererrichtung und Nutzung der Bauakademie? Dabei könnte sie für uns alle – namentlich das Handwerk – von großem Gewinn sein, vor allem also für die im Rahmen des Denkmalschutzes mit dem Bauen befaßten Gewerke wie Maurer, Maler, Dachdecker, Tischler, Zimmerer und natürlich die Architekten, indem dort Seminare und Kurse zur Aus- und Fortbildung abgehalten würden, Ausstellungen eingerichtet würden – dies alles in öffentlich gemachtem Zusammenwirken mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Anlehnung vielleicht an deren Jugendbauhütten. Die Öffentlichkeit wäre fraglos zu begeistern. Diese Gelegenheiten sollte man sich nicht entgehen lassen.

Otmar Dittrich, Cuxhaven