© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Menetekel an der Saar
Landtagswahl: Profitiert im kleinsten Flächenland die SPD von der Schulz-Euphorie?
Christian Schreiber

Mit der Landtagswahl im kleinsten Flächenland der Republik beginnt am Sonntag das Superwahljahr 2017. Rund 800.000 Saarländer sind aufgerufen, die 51 Sitze im Saarbrücker Landtag zu vergeben. Seit 2012 regiert eine Große Koalition unter Führung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Auch wenn im Land keine wirklich ausgeprägte Wechselstimmung herrscht, wird ein spannender Wahlabend erwartet. 

Dies hängt auch damit zusammen, daß die Vorhersagen in den Umfragen teilweise deutlich voneinander abweichen. So liegt die CDU nach einer Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen  mit 37 Prozent fünf Punkte vor der SPD,  während sie Infratest Dimap mit 35 Prozent nur hauchdünn vor dem bisherigen Juniorpartner sieht. 

„Armes Land muß intelligent sein“

Fest scheint zu stehen, daß der so genannte „Schulz-Effekt“ auch den Genossen an der Saar helfen wird. Unter Führung der bisherigen Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger legte die SPD in den Umfragen deutlich zu, nachdem ihr vor wenigen Monaten mit weniger als 25 Prozent noch ein historisch schlechtes Abschneiden prognostiziert wurde. Interessant ist bei den Umfragen, daß 70 Prozent der Befragten mit der Arbeit der Regierung zufrieden sind, sich aber eine Mehrheit eine Neuauflage der Großen Koalition unter SPD-Führung wünscht. 

Die Ministerpräsidentin hat in den Tagen vor der Wahl noch einmal alles auf eine Karte gesetzt und ihren Rückzug aus der Landespolitik angekündigt für den Fall, daß die CDU nicht stärkste Partei werden sollte. Einen unmittelbaren Wechsel nach Berlin schloß sie ebenfalls aus: „Es kann dann sein, daß ich dann beruflich etwas ganz anderes machen werde.“

Nach den letzten Erhebungen  ist ein rot-rotes Bündnis auch dann möglich, wenn die Grünen nicht in den Landtag einziehen sollten. Die Ökopartei, bei der Hubert Ulrich bereits zum sechsten Mal als Spitzenkandidat ins Rennen geht, tut sich im Saarland traditionell schwer, schaffte vor fünf Jahren mit gerade einmal 185 Stimmen den Sprung über die Sperrklausel. Zuletzt sahen sie mehrere Meinungsinstitute unterhalb der Fünfprozenthürde. „Wer einen wirklichen Wechsel will, muß uns ins Parlament wählen“, sagt Ulrich, der Rehlinger unterstellt, sie wolle am liebsten eine Große Koalition unter SPD-Führung eingehen. Die 40jährige Juristin hat diese Option bisher offengelassen. 

Bei der Direktfrage liegt Rehlinger immer noch deutlich hinter der Ministerpräsidentin, und so versuchte die CDU in den letzten Tagen vor der Wahl konsequent die Person Kramp-Karrenbauer in den Vordergrund zu stellen. Sie hatte es mit der Forderung nach einem Auftrittsverbot für türkische Politiker bundesweit in die Schlagzeilen geschafft, im Saarland damit aber eher Hohn und Spott ausgelöst, da keine Veranstaltungen dieser Art geplant waren. „Vielleicht spricht sie sich noch für ein Walfangverbot in den saarländischen Meeren aus“, konterte die Landes-SPD.  

Mit Spannung erwartet wird das Abschneiden des  „Altmeisters“ der Saarpolitik. Der frühere Ministerpräsident Oskar Lafontaine tritt abermals als Spitzenkandidat der Linkspartei an, die zuletzt in den Umfragen aufgrund des SPD-Aufschwungs Federn lassen mußte, aber immer noch deutlich über der Zehnprozentmarke liegt. „Eine Politik der sozialen Gerechtigkeit wird es nur mit uns geben. Je stärker die Linke wird, desto geringer sind die Chancen  auf eine Fortsetzung der Großen Koalition“, sagte der mittlerweile 73jährige. Die Kampagne der Sozialisten war ganz auf den früheren SPD-Vorsitzenden zugeschnitten. „Ein Oskar für das Saarland“ oder „Oskar kann’s“, lauteten die simplen Botschaften. Lafontaine selbst präsentierte sich als Staatsmann und vermied Attacken gegen die Konkurrenz. „Ein armes Land muß einfach intelligent mit seinen Mitteln umgehen“, lautete seine Botschaft. 

Soziale Fragen, die Debatte um G8 oder G9 an den Gymnasien sowie die Innere Sicherheit waren die zentralen Themen des Wahlkampfs, an dessen Ende die SPD mehrere Machtoptionen hat, die CDU dagegen nur eine. Da Kramp-Karrenbauer jegliche Gespräche mit der Alternative für Deutschland ausgeschlossen hat, bleibt ihr nur die Große Koalition. 

Die AfD lag zuletzt zwischen sechs und sieben Prozent und hatte es schwer, sich während des Wahlkampfs in Szene zu setzen. Gegen Ende des Wahlkampfs gingen ihre Umfragewerte allerdings wieder leicht nach oben, so daß mit dem Einzug einer Partei rechts von der Union in den Landtag des Saarlandes gerechnet werden darf.  

Keine guten Aussichten bestehen dagegen für die FDP, die nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen vor Jahren mit 1,2 Prozent regelrecht abgestraft wurde. Die Partei setzte auf zahlreiche Auftritte des Bundesvorsitzenden Christian Lindner und konnte sich der Unterstützung prominenter Vertreter der Saar-Wirtschaft sicher sein. 

Doch die Themen Digitalisierung, Bildung und Wirtschaftsentwicklung zündeten nicht, kurz vor der Wahl fielen die Liberalen auf drei Prozent zurück. Der Landesvorsitzende Oliver Luksic setzt dennoch darauf, daß Wähler aus taktischen Gründen ihr Kreuz bei seiner Partei machen. „Nur wenn die FDP reinkommt, kann Rot-Rot verhindert werden.“