© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Ländersache
Muslimbrüder an der Elbe
Paul Leonhard

Sachsens Verfassungsschutz warnt nachdrücklich vor einem „zunehmenden Einfluß der radikal-islamischen Muslimbruderschaft im Freistaat“. Diese nutze „den Mangel an Gebetsstätten für die im Zuge des Flüchtlingszustroms gekommenen Muslime, um Strukturen aufzubauen und ihre Vorstellungen eines politischen Islams zu verbreiten“.

Hauptakteur ist dabei offenbar der seit 17 Jahren in Dresden lebende Ägypter Saad Elgazar. Der 50jährige promovierte Physiker ist Geschäftsführer des Marwa-El-Sherbini-Zentrums und der von ihm gegründeten Sächsischen Begegnungsstätte (SBD), die Elgazar als „multikulturelle Begegnungsstätte unabhängig von Ethnie, Nationalität und Sprache“ beschreibt. Aus Sicht des Verfassungsschutzes ist sie aber der radikal-islamischen Muslimbruderschaft zuzuordnen.

Nahezu alle Veranstaltungen der SBS sowie der in ihren Objekten auftretenden Redner und Gastimame hätten Bezüge zur Muslimbruderschaft oder ihr nahestehender Organisationen aufgewiesen, sagt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Dabei handele es sich nicht um sporadische Netzwerkkontakte, sondern den Veranstaltungen müsse eine „Koordinierung mit Verantwortlichen der Muslimbruderschaft oder der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland vorausgegangen sein“. Der AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel verweist darauf, daß bei öffentlichen SBS-Veranstaltungen „salafistische und als jugendgefährdend eingestufte Schriften in Umlauf gebracht“ wurden.

Sorgen bereitet den Verfassungsschützern, daß die Muslimbrüder problemlos Asylbewerber und Flüchtlinge muslimischen Glaubens in ihre Strukturen integrieren, da es in Sachsen keine alteingesessenen Gemeinden gibt. Aktuell kauft das steuerlich als „gemeinnütziges Unternehmen“ eingestufte SBS sachsenweit Immobilien, um darin Gebetsstätten einzurichten. Gesetzliche Vorgaben für Versammlungsstätten werden dabei ignoriert. So erfuhr die Görlitzer Stadtverwaltung erst durch eine erregte Diskussion auf Facebook, daß eine von der SBS erworbene Erdgeschoßwohnung eines Mehrfamilienhauses als islamische Gebetsstätte genutzt wird, in der sich Algerier, Syrer, Marokkaner, Iraker und Somalis zusammenfinden.

Auch in Pirna, Leipzig, Riesa, Meißen, Dresden und Zittau wurden Objekte erworben, gepachtet oder gemietet. Die Muslimbrüder hätten erkannt, daß es für Muslime in den neuen Ländern keine Strukturen gibt und bauen diese Strukturen „mit Wucht auf“, wird Gordian Meyer-Plath, Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz, in der FAZ zitiert. Offenbar versuche die Muslimbruderschaft, in Mitteldeutschland eine Monopolstellung zu erlangen.

Alles laufe demokratisch, versichert dagegen Elgazar. Man kümmere sich nur um Gebete, Kindererziehung, Deutschkurse und informiere über richtiges muslimisches Verhalten, vertrete einen unpolitischen Islam. Aussagen, die aus Sicht der Staatsregierung „nicht glaubhaft“ sind. Es handele sich dabei um „Aussagen strategischer Natur“ und Schutzbehauptungen, so Ulbig, der Elgazar auch eine „antisemitische Haltung“ attestiert. Auch Meyer-Plath ist davon überzeugt, daß die Muslimbrüder eindeutig zentrale Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ablehnen: „Ziel der Muslimbrüder ist die Scharia in Deutschland.“