© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Éire go brách
Irland: Dudelsack, aufmüpfige Lieder, dunkles Bier und der St. Patrick’s Day
Verena Inauen

Sie spucken Gift und Galle, wenn man sie „Briten“ oder „englisch“ nennt. „Not amused“ sind sie, wenn man ihr Land mit roten Telefonzellen, Ham and Eggs oder der Queen in Verbindung bringt. Damit können sie wenig anfangen und wollen das auch gar nicht. Mit einem lautstarken „Éire go brách“ – Irland für immer – werden königstreue Provokateure aus den heimeligen Pubs der Insel vertrieben, und wenn dann noch Unsicherheit darüber herrscht, worin der Unterschied zwischen Irland und England besteht, kann es schon mal passieren, daß einem der Dudelsack nachgeschmissen wird.

Der Nationalfeiertag ist auch andernorts beliebt

Die Iren sind stolz auf ihre eigene Kultur, verteidigen sie auch gern mal mit den Fäusten und schreiben alkoholgeschwängerte Lieder darüber. 

Gleich nachdem sie in ihren Balladen über eine der unzähligen Revolutionen und Aufstände gegen die Engländer sinniert haben. Oder ihre heldenhaften Seefahrer besungen und den irischen Frauen ein melancholisches Liebeslied gewidmet haben.

Für besondere Aufmerksamkeit sorgten die Iren auch während des Fußballspieles (eine besonders emotionale Angelegenheit für die Inselbewohner) Spanien gegen Irland bei der Europameisterschaft 2012. Als ein Ausscheiden ihrer Mannschaft in 87. Minute absehbar war, ertönte  zur Motivation aus Tausenden Kehlen das Lied „Fields of Athenry“, was sogar die Fernsehmoderatoren und die spanischen Fans zum Schweigen brachte. Feiern, Singen und sogar bei völlig 

Bei Unbeteiligten Emotionen wecken, das kann das Volk von der Grünen Insel. Besonders an einem Tag im Jahr, dann wenn in den Straßen von Dublin die heimliche Nationalhymne über die berühmte Muschelverkäuferin Molly Malone erklingt, weiß jedes Kind, es ist wieder Zeit zu feiern: Guinness-Bier, kleine grüne als „Leprechauns“ bekannte Glückskobolde, reichlich Whiskey und eine malerische Landschaft verbinden die meisten Festlandbewohner mit der nordischen Insel. Seit einigen Jahren wird aber auch der Nationalfeiertag der Iren im restlichen Europa immer beliebter.

Am 17. März feiert das Volk den heiligen Patrick – der Tag ist besser bekannt als „St. Patrick’s Day“ oder in der Landessprache „Lá Fhéile Pádraig“. Der einstige Bischof lebte im 5. Jahrhundert als erster christlicher Missionar auf der Insel. Heute sorgt er mehr denn je für die ausgelassensten Feste. Nicht nur in Irland. 30.000 grün gekleidete Iren und solche, die es an diesem Tag gerne sein wollen, finden sich beispielsweise jährlich zu einer großen Parade in München ein. Nachdem das Kleeblatt als Glückssymbol offiziell gesegnet wurde, fließt grün gefärbtes Bier in Strömen. Grün gefärbt werden an diesem Tag aber nicht nur Haare, Fingernägel oder das Bier, sondern sogar Flüsse – wie etwa im amerikanischen Chicago, wo es besonders viele Nachfahren irischer Auswanderer gibt. 

Ihre Mentalität übertragen sie speziell an diesem Tag aber auch auf die übrige Bevölkerung, wodurch das kleine Land im europäischen Norden auf der ganzen Welt in aller Munde ist. An diesem Tag möchte jeder gern ein feiernder, unbeschwerter Ire sein. Kein korrekter Deutscher, kein uriger Schweizer oder temperamentvoller Italiener, sondern einfach ein heiterer Zecher, der ohne jeden politischen Hintergedanken grünes Bier mit Menschen trinkt, die stolz auf ihr Heimatland sind.

Paraden und Mottofeste finden mittlerweile aber nicht nur in den von Auswanderern bevorzugten amerikanischen Städten statt, sondern auch in Berlin, Amsterdam und ausnahmsweise sogar mitten im englischen London. Als Zeichen des Respekts wird den Irish Guards, einem Regiment der britischen Armee, traditionell von der königlichen Familie ein frisches Kleeblatt ans Revers geheftet.

Der Geist der Grünen Insel hat staunende Festlandbewohner aber spätestens dann in seinen Bann gezogen, wenn in Hosenträgern, Baskenmützen und Schnürstiefeln über das nächste Lied gerauft wird und der Wirt zur Beruhigung eine Runde dunkles Guinness ausgibt. Dann rufen alle dem Land im Norden bis zum nächsten 17. März „Éire go brách“ entgegen.