© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Der Ruin der deutschen Schule
Praxissplitter aus Inklusionsschulen: Lehrer berichten der JF von ihrem entnervenden Alltag

„In meiner 1. Klasse hatte ich einen Jungen mit Autismus. In der Klasse konnte er es gar nicht aushalten, wegen der Unruhe. Die anderen Kinder haben ihn akzeptiert, aber er war trotzdem immer Außenseiter. Zu den anderen hatte er wenig Kontakte. Noch drei andere Schüler waren verhaltensauffällig, so daß ich ohnehin schon zusätzlich gefordert war.“

„Ich muß als Lehrerin heute drei verschiedene Niveaustufen bedienen, allein mit dem Material, das ich meinen Schülern zur Verfügung stelle. Ich muß jede Stunde drei verschiedene Arbeitsblätter erstellen: eines für schwächere Schüler, eines für mittelstarke und eines für starke Schüler. Daneben sind noch die Deutsch-als-Zweitsprache-Schüler, die kriegen nochmal ein anderes. So die Theorie.“

„Ich hab das Gefühl, total alleingelassen zu werden, nicht richtig vorbereitet worden und nicht dafür ausgebildet zu sein.“

„Ich kann mit diesem Schüler nicht erreichen, daß er die anderen Kinder nicht stören würde: Ist er in meiner Klasse, stört er meine Schüler. Setze ich ihn raus, lärmt er auf dem Gang, bis andere Lehrer aus den Klassen kommen. Und ihn zur Schulleitung bringen hieße, die Klasse wieder einige Minuten allein zu lassen. So oder so: Ein Unterricht ist unmöglich.“

„Ich kam an einem Montag zur ersten Stunde in die Klasse. Noch vor Unterrichtsbeginn legte sich ein Schüler auf den Boden und schrie laut. Dieser Schüler fällt oft negativ auf. Und das ist nur ein Beispiel für etliche Fälle.“

„Die Förderschullehrerin kommt nur ein-, zweimal die Woche. Ständig sind zeitaufwendige Absprachen nötig. Und du hast immer jemand anderen noch mit im Unterricht, das kann mitunter, wenn die Chemie nicht stimmt, auch ganz schön anstrengend sein.“

„Der eine Schüler ist noch nicht einmal mit den einfachsten Aufgaben fertig, der andere schon, wieder andere sind gelangweilt, weil es zu einfach ist. Die schwierigeren Aufgaben werden erst gar nicht korrigiert.“

„Der Unterricht beginnt in der Regel nicht rechtzeitig, weil die Klasse einfache Routinen nicht beherrscht. Die Kinder sind überfordert, ihre Aufmerksamkeit auf den Lehrer zu richten. Viele Schüler haben Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, und das betrifft nicht nur jene, die ADHS haben.“

„Meiner Meinung nach gibt es nicht nur mehr verhaltensauffällige Kinder, die Strafen – Nachsitzen, Strafarbeit, Schulhofverbot – wirken zudem nicht mehr, weil es in ihrem Elternhaus und bei ihnen persönlich nicht mehr zählt.“

 Die Namen der Lehrer sind der Redaktion bekannt.