© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017

CD-Kritik: Vivaldi – Die vier Jahreszeiten
Es grollt düster
Sebastian Hennig

An den vier Violinkonzerten zu den Jahreszeiten von Vivaldi haben wir uns überhört. Sie sind ein Klingelton, dem ein Kunstwerk zugrunde liegt. Die Ars Antiqua Austria unter der Leitung von Gunar Letzbor läßt uns wieder Ohren wachsen für den Ernst dieser schönen Musik, die gar nicht so raffiniert süß und lieblich ist. Vielmehr grollt es düster. Im Satz des „Frühling“ tupfen die Bratschen und wispern die Violinen. Die Musik ist mal gravitätisch und mal intim. Es gibt keine Routine der Wildheit.

Für den Zuhörer entsteht der Eindruck, als würden die Musizierenden während des Spielens ihren Klängen hinterherlauschen. Ihre Aufmerksamkeit ist so vom Wunder des Tönens gefangen, daß ihnen die Willkür bei der Erzeugung der Musik völlig abhanden kommt. Da atmet die Orgel, und es wird aufs Holz gehauen. Ein Grundsatz dieser Kunst ist den Musikern bei ihrer Erkundung zugefallen: Das Weltliche ist geistlich und das Geistliche weltlich. Das hörbar zu machen, genügt keine historische Aufführungspraxis. Da bedarf es vor allem einer unbelehrbaren zeitlosen Spielfreude. „Nur ja nichts aus Gewohnheit machen“, bekennt der Barockviolinist Letzbor. Neben dem stillen Probieren verordneten sich die Musiker der Ars Antiqua Austria vor allem „... möglichst nie Vivaldi-Aufnahmen hören“. Um so größer ist die Freude, diese Aufnahme zu hören.

Antonio Vivaldi The Four Seasons Ars Antiqua Austria, 2016  www.ars-antiqua-austria.com