© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/17 / 03. März 2017

Wiederaufbau stößt auf Widerstand
Stadtgestaltung: Die eigentlich beschlossene originalgetreue Rekonstruktion von Schinkels Bauakademie steht wieder in Frage
Peter Möller

Es wäre ja auch zu einfach gewesen. Während jahrelang darüber gestritten wurde, ob die Fassade des Berliner Stadtschlosses historisch exakt rekonstruiert werden sollte, war die Sache bei der auf der anderen Spreeseite gelegenen Bauakademie Karl Friedrich Schinkels eigentlich klar. Spätestens seit dem Abriß des Gebäudes des ehemaligen Außenministeriums der DDR, das an der Stelle der 1960 abgeräumten Bauakademie hochgezogen worden war, sind sich Politiker, Stadtplaner und Architekten einig: Schinkels 1836 errichteter Backsteinbau, eines der bedeutendsten Bauwerke des preußischen Architekten, soll wiedererstehen. Zwischen 1999 und 2001 wurde zu Demonstrationszwecken bereits eine Ecke des Gebäudes neu aufgemauert. Die übrigen Teile der Bauakademie werden seitdem durch bedruckte Planen simuliert. Auf diese Weise gehört zumindest die Kubatur des Schinkelbaus seit Jahren wieder zum Berliner Stadtbild. Allein, es fehlte bislang das nötige Geld, um den Bau komplett neu zu errichten.

Das änderte sich im vergangenen Jahr. Der Kulturausschuß des Bundestages bewilligte im November 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau. Doch mit der nun begonnenen Planungsphase für die Rekonstruktion sammeln sich die Gegner eines originalgetreuen Wiederaufbaus. Schützenhilfe erhalten sie dabei unter anderem von der Berliner Bausenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei), die sich weniger dem preußischen Erbe als vielmehr dem sozialistischen Städtebau des SED-Regimes verpflichtet fühlt.

Architekturwettbewerb vor der Bundestagswahl

Aber auch auf Bundesebene gibt es Widerstand. Einfallstor für die Bestrebungen, den originalgetreuen Wiederaufbau zu verhindern, sind die vom Bundesbauministerium veranstalteten drei sogenannten Dialogforen zur Zukunft der Bauakademie. Bereits zum Auftakt Mitte Februar gab Bauministerin Barbara Hendricks die Richtung vor: „Schinkels rekonstruierte Akademie darf keine bloße Kopie des Originals werden, sondern muß eine Denk- und Kreativfabrik sein, die Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre, Theorie und Praxis unter einem Dach zusammenführt.“ Dabei ging es der SPD-Politikerin nur vordergründig um das Nutzungskonzept der Bauakademie, sondern auch um die äußere Gestalt. Denn Hendricks’ Staatssekretär Florian Pronold kündigte zugleich einen Architekturwettbewerb für den Wiederaufbau an. Dabei stehe auch die Gestaltung der Fassade zur Debatte. Die Teilnehmer dieses Wettbewerbs dürfen laut Pronold versuchen, mit ihren eigenen Gestaltungskünsten Schinkel auszustechen. „Man kann ja auch darüber nachdenken, einen modernen Bau zu errichten“, verdeutlichte er. Mit anderen Worten: Am Ende könnte statt der historischen Backsteinfassade eine Außenhaut aus Glas und Stahl stehen.

Beifall bekommt der Staatssekretär von den Architektenkammern, die die Chance wittern, daß sich eines ihrer Mitglieder in der Mitte Berlins auf den Fundamenten der Bauakademie ein Denkmal setzen könnte. Eine moderne Interpretation des Schinkelbaus könnte schließlich die überzeugendere Lösung sein, argumentieren die Interessenvertreter der Architekten.

Der Vorsitzende des Fördervereins Bauakademie, Wolfgang Schoele, der seit Jahren für die originalgetreue Rekonstruktion wirbt, gibt sich dennoch optimistisch. „Wir bleiben dabei, wir setzen uns dafür ein, daß die Schinkelsche Bauakademie in der Form wieder aufgebaut wird, die sie hatte, bevor sie 1945 ausbrannte“, sagte Schoele.