© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/17 / 03. März 2017

Ländersache
Linke verweigert den Handschlag
Felix krautkrämer

Eigentlich sind es Selbstverständlichkeiten, die die beiden Landesvorsitzenden der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur und Sven Lehmann, anläßlich der beginnenden heißen Wahlkampfphase vorschlagen. Weil politische Gegnerschaft keine Feindschaft bedeute, sollen sich alle Parteien in einem Abkommen dazu verpflichten, den Wahlkampf fair und sachlich zu führen. Dies beinhaltet beispielsweise, keine Plakate zu zerstören, den politischen Gegner nicht zu verunglimpfen, keine falschen Tatsachen zu verbreiten und auf den Einsatz von Social Bots in den sozialen Netzwerken zu verzichten. Auch sollten die Parteien einen „fairen Umgang mit der Presse“ wahren, heißt es in einem Entwurf. Das bedeute, Journalisten nicht zu verunglimpfen und der Presse Zugang zu Wahlveranstaltungen zu gewähren.

Per Unterschrift sollten die jeweiligen Vorsitzenden der einzelnen Parteien für die Einhaltung des Fairneßabkommens garantieren – so der Plan der Grünen. Doch weil Neubaur und Lehmann auch die AfD mit ins Boot holen wollten, schaltete die Linkspartei auf stur und lehnte die gemeinsame Erklärung ab. „Eine Unterzeichnung dieses Abkommens verbietet sich für uns schon allein aufgrund des Umstands, daß Sie Ihr Angebot auch an die AfD gerichtet haben“, schrieben die beiden Spitzenkandidaten der Linkspartei, Özlem Demirel und Christian Leye, laut taz in einer Antwort an die Grünen. „Für uns kommt nicht in Frage, mit einer Partei zu paktieren, die für rassistische und antisemitische Stimmungsmache, für Hetze gegen Geflüchtete, Muslime und LGBT*I steht.“

Es gehe der Linkspartei nicht primär um die Grünen, sondern darum, sich von der AfD abzugrenzen, begründete Demirel die Ablehnung. Darüber hinaus sei ein solches Abkommen unnötig. „Es versteht sich von selbst, daß die Linke einen fairen Wahlkampf führt.“ Daß dies nicht so ganz selbstverständlich ist, zeigen die Erfahrungen aus früheren Wahlkämpfen, wo Politiker der Linkspartei sich an Protesten gegen und Störungen von AfD-Wahlveranstaltungen beteiligten und verbündete Antifa-Gruppen regelrecht Jagd auf AfD-Plakate machten. 

Bereits im vergangenen Jahr hatte die FDP ein Fairneßabkommen für den Landtagswahlkampf in NRW ins Spiel gebracht. „Wir alle sind in den letzten Monaten Zeugen einer massiven Verrohung der politischen Kommunikation vor allem in den sozialen Medien geworden“, begründete der Essener FDP-Chef Ralf Witzel seinen Vorschlag. Bei der politischen Konkurrenz stieß er damit allerdings nicht auf großes Interesse. „Fair miteinander umzugehen, ist für Demokraten eine Selbstverständlichkeit“, sagt SPD-Chef und Landesjustizminister Thomas Kutschaty der WAZ. Ein formales Abkommen sei daher nicht notwendig. 

Die AfD will das Fairneßabkommen der Grünen dennoch annehmen. „Wir werden uns daran beteiligen“, sagte AfD-Landeschef Marcus Pretzell der JUNGEN FREIHEIT. Daß die Linkspartei „den äußerst anerkennenswerten Vorschlag der Grünen, den NRW-Wahlkampf nach den Regeln des Anstands, der Wahrhaftigkeit und nicht zuletzt nach unserer Verfassung zu führen“, ablehne, sei sehr schade. „Dann machen wir wohl Wahlkampf ohne die Linken“, kündigte Pretzell an. Schließlich werde man ja auch nach der Wahl im Landtag ohne die Linkspartei auskommen müssen.