© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/17 / 24. Februar 2017

Euro-Krise
Sie ist wieder da
Dieter Stein

Geht es Ihnen auch so? Sie hören „Eurokrise“, und schon befällt Sie ein Gefühl der Frühjahrsmüdigkeit. Wie oft haben wir schon gehört, daß der Euro kurz vor dem Zusammenbruch sei, seine Kernschmelze kurz bevorstehe ... und dann zauberte die Bundesregierung mit ihren Partnern in der Eurozone neue Zauberbegriffe aus dem Hut: EFSM, EFSF, ESM – die berühmt-berüchtigten „Euro-Rettungsschirme“ – und schließlich als Schwarzes Loch des Euro-Desasters die ominösen Target-Salden.


Mal ehrlich: Wer kann wirklich erklären, was sich hinter diesen kryptischen Kürzeln, den Kulissen der Währungs-Schimäre Euro verbirgt? Sicher ist: Sie dienen der größtmöglichen Verschleierung. Sie sollen vorgaukeln, daß eine Währung, die so solide geplant ist wie der Flughafen Berlin-Brandenburg, stabil sein werde. Ruhe ist erste Bürgerpflicht. Und wie der Strom aus der Steckdose kommt, wirft ja auch der Geldautomat verläßlich „frisches Geld“ aus, reden wir uns ein.


Das perfide an Geldpolitik ist, daß der Diebstahl auf so leisen Sohlen kommt und damit den Bürgern weitgehend verborgen bleibt. In Deutschland wird aufgrund mehrerer alptraumhafter Währungsreformen das Bild von Geldentwertung allein mit hoher Inflation verbunden. Wichtiger ist jedoch der Saldo aus Inflation und Zinsen. Hier hat sich zuletzt die Schere weiter geöffnet. Früher stiegen die Zinsen, wenn die Inflation wuchs – und die Zinsen lagen in der Regel über der Inflation. Zuletzt wurde dieses Prinzip auf politischen Druck durch die Europäische Zentralbank umgekehrt. Die Zinsen sind seit Jahren anhaltend unter die Inflationsrate gedrückt worden. Während der Staat seine exorbitanten Schulden beinahe zum Nulltarif finanzieren und billig weitere Schulden aufnehmen kann, schauen Sparer in die Röhre und müssen mit ansehen, wie ihre Rücklagen nicht nur keine Zinsen mehr erbringen, sondern durch steigende Inflation auch noch rascher abschmelzen.


Ifo-Chef Clemens Fuest und  der Ökonom Johannes Becker haben soeben noch einmal das Märchen entzaubert, Deutschland nutze der Euro besonders. In Wirklichkeit profitierten Exportunternehmen durch die Schwachwährung unverhältnismäßig zu Lasten der Arbeitnehmer und der Mittelschicht: „Eine künstlich niedrig gehaltene Währung verteilt Einkommen um: von den Importeuren und den Verbrauchern zu den Exporteuren.“


Zurück zu den Target-Salden. Dieser kurzfristige Überziehungskredit, der von Euro-Pleitestaaten zur Staatsfinanzierung mißbraucht wird, ist für Deutschland wie ein Fieberthermometer, das 42 Grad anzeigt: 800 Milliarden Euro Forderungssaldo, überwiegend gegen Italien, Spanien, Portugal, Griechenland. Ein Riesenthema für den Bundestagswahlkampf. Wenn es nicht so kompliziert zu erklären wäre.