© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Frisch gepresst

Johan Huizinga. Mit seinem „Herbst des Mittelalters“ (1919), das sich mit den Lebensidealen der Herrschaftseliten des niederländisch-burgundischen Raums im Übergang zur Frühen Neuzeit beschäftigt, legte der Leidener Kulturhistoriker Johan Huizinga (1872–1945) einen Klassiker vor. Diese Darstellung der „Renaissance des Nordens“ als Verfallszeit schien vielen Lesern der Zwischenkriegszeit nicht nur als willkommene Ergänzung zu Jacob Burckhardts optimistisch grundierter „Kultur der Renaissance in Italien“ (1860), sondern zugleich als Spiegelung der nach 1918 grassierenden Furcht vor dem „Untergang des Abendlandes“. Die Auffassungen kamen auch zeitdiagnostische Essays und Vorträge entgegen, in denen ein konservativ sich versteifender Huizinga Alteuropa mit inhumanen Gegenentwürfen wie der US-Plutokratie, der NS- und der Sowjet-Diktatur kontrastierte. Als nach 1945, im amerikanisierten Westeuropa, die Nachfrage nach derart „reaktionärer“ Zeitkritik sank und „objektive“ Sozial- die „subjektive“ Kulturgeschichte verdrängte, erlahmte jedoch selbst in seiner Heimat das Huizinga-Interesse. Das änderte sich erst mit der dreibändigen Edition seines Briefwechsels (1989–1991), die neue Anläufe zur Erschließung des intellektuellen Potentials seiner Werke inspirierte. Nach 25 Jahren liegt nun der erste, leider mit privater Korrespondenz überfrachtete Band dieser Edition in deutscher Übersetzung vor und lädt zur Neuentdeckung dieses Geschichtsdenkers „aus dem amphibischen Lagunenlande“ (Christoph Steding) ein. (wm)

Thomas Macho (Hrsg.): Johan Huizinga, Briefe I (1894–1927. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2016, gebunden, 437 Seiten, Abbildungen, 39,90 Euro





Pressekritik. Fernab aller pauschalisierender „Pegida“-Rhetorik analysiert der Trier Politikwissenschaftler Ulrich Teusch die ohne Frage herrschende immanente Vertrauensmisere, in der sich die etablierten politischen Medien befinden, und ihre im „Zeitalter des Mainstream“ offenbarte Konformität. Kritisch führt Teusch Beispiele an, in denen Medienberichte, sich an einem von Alpha-Journalisten“ vorgegebenen Narrativ orientierend, mit Fehldeutungen und falschen Gewichtungen bis hin zu Auslassungen das Vertrauen der Medienkonsumenten fahrlässig aufs Spiel gesetzt und bei vielen auf lange Sicht verspielt haben. (MB)

Ulrich Teusch: Lückenpresse. Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2016, 224 Seiten, broschiert, 18 Euro