© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/17 / 03. Februar 2017

Frisch gepresst

TV-Demokratie. Anders als seine amtierende Nachfolgerin litt Konrad Adenauer noch unter der linksliberal bis sozialdemokratisch kontaminierten Meinungsmache der ARD. Und beging in seiner dritten Amtszeit den Fehler, den Aufbau einer bundeseigenen, regierungsnahen Fernsehanstalt anzuschieben. Da die Rundfunkhoheit aber Ländersache war und ist, erlitt der Kanzler 1961 in Karlsruhe eine erwartbare Niederlage. Politisch wegweisend, wichtiger noch als die daraus resultierende Gründung des ZDF, waren die Maßgaben, die dieses „Rundfunk-urteil“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für die deutsche TV-Demokratie formulierte. Um Staatsferne zu gewährleisten, seien die Anstalten pluralistisch so zu organisieren, daß „gesellschaftlich relevante Gruppen“ die Programmgestaltung beeinflussen dürfen. Die verwandelten sich damit flugs in „Nisthöhlen für Cliquen“ (Ernst Forsthoff), was die vom BVerfG gewünschte „inhaltliche Ausgewogenheit“ unterminierte. Alle Befürchtungen, die Carl Schmitts Leserbriefe dazu in der Deutschen Zeitung von 1961 hegten, Ersetzung der Wahrheit durch Mehrheit, Ende der Staatlichkeit, Polykratie oder Totschweigen dessen, „was die Masse nicht zu interessieren hat“, sind inzwischen eingetroffen, so daß seine ätzenden Kommentare wie aktuelle Beiträge zum Disput über die Zukunft der „Öffentlich-Rechtlichen“ wirken. (wm)

Gerd Giesler, Ernst Hüsmert (Hrsg.): Das Fernseh-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1961. Eine Leserbrief-Kampagne aus dem Hause Carl Schmitt. Duncker & Humblot, Berlin 2016, broschiert, 36 Seiten, 12 Euro





Dschihad. Immer mehr muslimische Jugendliche konzentrieren sich bei ihrer pubertären Sinnfindung auf die Ideologie des Dschihad, der kriegerischen Eroberung der Welt durch den Islam. Drei Bonner Politikwissenschaftler beschreiben dieses Phänomen des „gewaltbereiten Islamismus in Deutschland und Europa“ in knapper, trotzdem höchst informativer Form. Demgegenüber klingen ihre Vorschläge, solche gemeingefährliche Identitätssuche zu parieren, reichlich weltfremd. Einmal mehr soll es „intensive Sozialarbeit“ und „kulturelle Integration“ richten. Wobei den Deutschen in Anlehnung an die dubiose „Islamwissenschaftlerin“ Lamya Kaddor eine groteske „Bringschuld“ aufgenötigt wird, die sie mit der Lösung der importierten Probleme abzutragen hätten. (dg)

Hanna Grande u. a.: Dschihadismus. Prozesse der Radikalisierung in Deutschland. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2016, broschiert, 152 Seiten, 19,90 Euro