© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/17 / 03. Februar 2017

VW-Millionenabfindung für ehemalige SPD-Ministerin
Die Absahnerin
Thomas Fasbender

Mit Moral läßt sich kein Geld verdienen? Die Biographie von Christine Hohmann-Dennhardt belehrt eines Besseren. Als „Integritätsvorstand“ zuerst bei Daimler, dann bei Volkswagen hat die frühere Bundesverfassungsrichterin und SPD-Ministerin nicht nur jahrelang Spitzengehälter bezogen. Für ihre 13 Wolfsburger Monate erhält sie von VW „on top“ eine Abfindung in Höhe von mindestens zwölf Millionen Euro. Ob der Aufwand gerechtfertigt war? Um den Konzern so viel zu kosten, muß ein normaler Angestellter schon viele Reiseabrechnungen fälschen.

Die 66jährige ist der Beweis dafür, wie prächtig es sich mit dem Zeitgeist im Rücken durchs Leben segeln läßt. Das Vorstandsressort „Integrität und Recht“ war 2011 bei Daimler eigens auf amerikanischen Druck hin eingerichtet worden. Nach Bestechungsvorwürfen der US-Börsenaufsicht galt Compliance (Gesetzestreue) als höchstes Gebot. Böse Zungen behaupten seither, Hauptzweck der Übung sei, die Beweglichkeit der europäischen Konkurrenz auf den internationalen Märkten zu beschneiden. Nicht ganz sechs Jahre später, kurz nachdem Dieselgate die Schlagzeilen beherrschte, kam dann auch Volkswagen an die Reihe. Es war ein Entgegenkommen der Stuttgarter, daß Hohmann-Dennhardt ihren Vertrag vorzeitig beenden konnte und nach Wolfsburg ging.

Die Autobauer schlugen bei der Gelegenheit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Nicht nur bei der „Compliance“, auch beim Anteil weiblicher Vorstände wurden Punkte gemacht. Pech nur, daß der niedersächsische SPD-Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Olaf Lies Ende 2015, als der Anstellungsvertrag mit Hohmann-Dennhardt ausgearbeitet wurde, nichts vom Kanzlerkandidaten Martin Schulz wußte. Woher auch? Sonst hätte er vielleicht gezögert, die großzügige Abfindungsvereinbarung durchzuwinken. Jetzt kann Schulz, während er gegen überzogene Vorstandsbezüge und soziale Ungleichheit wettert, zusehen, wie seiner Parteifreundin die Millionen überwiesen werden.