© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/17 / 03. Februar 2017

Die Linke sortiert sich neu
Frankreich: Nach seinem Sieg bei der Kandidatenkür der Sozialistischen Partei will Linksaußen Benoît Hamon angreifen, doch die Konkurrenz ist groß
Jürgen Liminski

Der Höhenflug war von kurzer Dauer. Schon am ersten Tag nach dem Sieg des Linksaußen Benoît Hamon bei der Kandidatenkür der Sozialistischen Partei für die Präsidentschaftswahlen im April/Mai erklärten mehrere Abgeordnete der Sozialisten, daß sie Hamon nicht unterstützen wollen. Vielmehr würden sie jetzt dem ehemaligen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron folgen wollen. Auch der Verlierer der Stichwahl am Sonntag, Ex-Premier Manuel Valls, sprach sich nicht für Hamon aus. Das wundert allerdings niemanden. Zum einen sind die politischen Ansichten zu verschieden, zum anderen hatte Hamon den Verlierer am Wahlabend brüskiert, indem er gegen alle Gepflogenheiten seine Siegesrede begann und damit die Fernsehsender auf sich lenkte, während Valls noch seine Dankesrede hielt und so niemand den Schluß dieser Rede mitbekam.

Hamon ist der neue Hoffnungsträger der Linken. Sein Problem ist jedoch, daß im linken Lager schon zwei Hoffnungsträger um die Stimmen der Wähler buhlen. Auf ähnlicher Wellenlänge ist der Gründer der „Partie de Gauche“ (Linkspartei) Jean-Luc Mélenchon. Er war früher der Linksaußen in der Sozialistischen Partei, die seine marxistischen Ansätze aber nicht ins Programm aufnahm, so daß er aus der Partei austrat, seine eigene gründete und 2012 gegen Hollande kandidierte. 

Mélenchon werden nach neuesten Umfragen zehn Prozent der Stimmen zugerechnet, Hamon fünfzehn. In einer ersten Reaktion auf den Vorwahlsieg seines ideologischen Freundes Hamon meinte Mélenchon, er freue sich, daß seine Ideen an der Schwelle „der kulturellen Hegemonie“ stünden. Das klingt nicht nach Unterwerfung, eher nach Anspruch auf Führung. Da beide im selben Wählerteich fischen, hätten sie nur eine Chance auf Einzug in die Stichwahl im Mai, wenn einer von beiden seine Kandidatur zurückzöge. Danach sieht es nicht aus.

Der dritte Kandidat im gesamtlinken Lager ist der ehemalige stellvertretende Generalsekretär im Elysee und Ex-Wirtschaftsminister Macron. Er ist auch der Liebling der linksliberalen Medien, also der Mehrheit der Journalisten. Sein Handicap ist seine Nähe zu Hollande, den er als Staatschef beerben will. Sein Plus ist seine jugendliche Ausstrahlung. Er ist 38 Jahre alt. Er gilt als letzter Hollandist, das heißt als zaghafter Reformer und Sozialdemokrat. Ihm werden 21 Prozent der Stimmen zugeschrieben. Mehrere Minister der noch amtierenden Regierung sowie bekannte Barone der Linken haben ihm bereits ihre Unterstützung zugesagt, unter anderem die Umweltministerin Ségolène Royal, die 2007 für die Linke antrat und gegen Sarkozy verlor. Sie hat ihm geraten, am kommenden Samstag eine Großveranstaltung in Lyon zu organisieren, weil dort ebenfalls am Samstag die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, ihre 144 Programmpunkte vorstellen will. Le Pen liegt in den Umfragen derzeit mit 25 Prozent an der Spitze, gefolgt von dem konservativen Kandidaten, François Fillon, mit 22 Prozent.