© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/17 / 27. Januar 2017

Ein Bismarck der Bayern
Der vor 200 Jahren entlassene „Superminister“ Maximilian Graf von Montgelas machte Bayern über die Wirren der napoleonischen Zeit zum modernen Staat
Thorsten Brückner

Drei Jahrzehnte stand er im Dienste der Wittelsbacher. Seit 1799, als nach dem Tod von Kurfürst Karl-Theodor die „Pfalz-Zweibrücken“-Linie mit Maximilian IV. in München die Regierung übernahm, war er Außen- und Innen-, ab 1803 mit Unterbrechung auch Finanzminister. Am 2. Februar 1817 waren es Thronfolger Ludwig und Feldmarschall Karl Philipp von Wrede, die bei König Max I. Josef auf die Entlassung des durch eine Krankheit vorübergehend geschwächten Maximilian Graf von Montgelas drängten. Der Konflikt zwischen Kronprinz und dem bayerischen Superminister, der Ludwig zu antikatholisch und zu frankophil war, loderte da bereits seit mehreren Jahren.

In den 18 Jahren seiner Ministertätigkeit machte das ehemalige Mitglied des 1785 verbotenen Illuminatenordens aus dem spätabsolutistischen, zersplitterten Kurfürstentum einen modernen Zentralstaat mit einer funktionierenden Verwaltung. Beamte waren nun nicht mehr Diener des Fürsten, sondern Diener des Staates. Auf sein Konto geht auch die Integration der neubayerischen Gebiete in Franken und Schwaben seit 1803. In der Konstitution von 1808 wurden schließlich Protestanten und Katholiken gleichgestellt – nur acht Jahre nachdem Kurfürst Max Protestanten überhaupt offiziell erlaubte, sich in Bayern anzusiedeln.

Montgelas leitete in Bayern die große Säkularisierung  

Die Bündnispolitik des im Geiste der französischen Aufklärung erzogenen Sohns eines Generalmajors hat Bayern territorial zu dem gemacht, was es noch heute ist. Er setzte rechtzeitig auf die Karte Napoleon, als der notorisch zaudernde König Max Josef weiter auf Neutralität in der sich abzeichnenden Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Österreich hoffte. Nicht zufällig wurde das Schutz- und Trutzbündnis, das Bayern 1805 mit Frankreich einging und mit dem der bayerische Kurfürst die Königswürde erhielt, in Montgelas’ Bogenhausener Sommersitz unterzeichnet. Nie ließ sich Montgelas jedoch von seiner frankophilen Grundhaltung politische Entscheidungen diktieren. Seine Loyalität galt Bayern. 

Als sich die Niederlage Napoleons abzuzeichnen begann, leitete im Herbst 1813 abermals Montgelas den Bündniswechsel ein. Die rechtzeitige Allianz mit Österreich sorgte dafür, daß Bayern keine größeren Gebietsverluste hinnehmen mußte. Für Tirol und Vorarlberg, das Bayern zurückgab, erhielt es 1815 im Gegenzug Würzburg und Aschaffenburg. Später erfolgte die Rückgabe Salzburgs gegen die Schaffung einer neuen linksrheinischen, bayerischen Pfalz, die mit der ursprünglichen Kurpfalz mit ihrem Zentrum Heidelberg auf der anderen Rheinseite freilich nichts mehr zu tun hatte. 

Daß der Name Montgelas heute bei nicht wenigen Bayern doch eher gemischte Gefühle hervorruft, liegt vor allem an der rabiat durchgeführten Säkularisation. Seit 1803 ließ Montgelas die Klöster auflösen, die jahrhundertelang die bayerische Kultur geprägt hatten. Auch zahlreichen katholischen Feiertagen ging es an den Kragen. Gerade die bäuerliche Bevölkerung zwischen Alpenland und Main brachte er damit gegen sich auf. Endgültig jeden Rückhalt im Volk verlor Montgelas nach dem Hungerwinter 1816, zumal es ihm als Finanzminister trotz Säkularisationserlösen nie gelang, den bayerischen Staatshaushalt zu sanieren. 

Seine Entlassung, die Max Josef nur widerwillig angeordnet haben soll, war der Durchbruch für das Konkordat von 1817, das eine partielle Revision seiner Kirchenpolitik einleitete, sowie die Verfassung von 1818. Montgelas blieb aber weiterhin politisch aktiv, wurde Reichsrat, später sogar Berater des seit 1825 amtierenden König Ludwig, der einst auf seine Entlassung hingewirkt hatte. 1838 starb er in seiner Geburtsstadt München.