© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/17 / 27. Januar 2017

Zeitschriftenkritik: Fluter
Wer bin ich?
Werner Olles

Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung, erscheint vierteljährlich das Magazin Fluter. Die aktuelle Ausgabe (Winter 2016/17) befaßt sich als Schwerpunkt mit dem Thema „Identität“. Die gibt es laut Chefredakteur Thorsten Schilling nur im Plural, „denn moderne Gesellschaften haben eine unüberschaubare Vielfalt an Identitäten geschaffen.“ Wem dies analytisch zu armselig ist, lese weiter: „Die Versprechungen einfacher, geschlossener nationaler Identitäten sind letztlich Gewaltphantasien“. Das ist zwar dumpfer Agitprop voller linksliberaler Stammtisch-Attitüden, aber Schilling wanzt sich mit der Überheblichkeit des Alleswissers an seine Gesinnungsgefolgschaft heran: „Souverän ist, wer mit sich und den anderen einverstanden bleiben kann.“ Ob zu „den anderen“ auch die nordafrikanischen Kriminellen von Silvester 2015, die Axt- und LKW-Mörder und andere orientalisch-islamische Lichtgestalten zählen, bleibt offen und Schillings Editorial eine intellektuelle Bankrotterklärung, mit der sich die verlogene Multikulti-Idylle noch in ihrer Brüchigkeit als bundesrepublikanisches Sittenbild erfüllt.

Wolfgang Engler, Leiter der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, Soziologe und Philosoph, hält auch „gar nichts mehr“ von Pegida-Anhängern, angesichts derer er „aus der Haut fahren möchte“. Immerhin fragt er sich: „Wo stehe ich, wer bin ich, wo will ich sein?“ Die Antwort darauf weiß wahrscheinlich nur der Wind, vielleicht aber auch Julia Martin („Ich bin keine Lesbe, auch wenn ich mit Frauen schlafe“), die sich als „queer“ identifiziert, auch „nichtbinäre“ und „Trans-Personen“ (mit Gendersternchen) begehrt und sich ganz so fühlt, „als sei ich endlich bei mir selbst angekommen, was meine sexuelle Orientierung betrifft“. Als toleranter Mensch kann man ihr da nur gratulieren.

„Bin ich Türkin? Bin ich Deutsche? Wer sind wir?“ Fragen über Fragen. Die Autorin dieses Beitrags ist Teil der „Neuen Deutschen Medienmacher“, eines Zusammenschlusses von Journalisten mit und ohne Migrationshintergrund, dazu eine „Müsliverächterin“ – was man verstehen kann –, und ein „Mensch ohne Hobbys“ – auch daran kann man sich gewöhnen. Während Herfried Münkler in Deutschland eine „menschenfreundliche Nation“ heraufziehen sieht, rollt Fabian Dietrich noch einmal den obskuren Fall Rachel Dolezal auf, die bis 2015 als „ganz normale, politisch engagierte Afroamerikanerin“ lebte, in Wahrheit aber eine Weiße mit deutschen und tschechischen Wurzeln war. Die Geschichte ist tragikomisch, denn noch 2002 hatte Dolezal ihre Universität wegen Rassendiskriminierung verklagt, da sie sich als Weiße gegenüber Schwarzen benachteiligt fühlte. Für 2017 hat sie nun ein Buch angekündigt, in dem sie sich ein für allemal rechtfertigen will. Bereits der Anfang läßt Böses ahnen: Hautfarbe ist nach ihrer Meinung „keine biologische Tatsache, sondern ein soziales Konstrukt“. Spätestens jetzt wäre wohl eine geeignete Psychotherapie angebracht.

Kontakt:. Bundeszentrale für politische Bildung, Adenauerallee 86, 53113 Bonn. Tel.: 02 28 / 9 95 15-0

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