© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/17 / 20. Januar 2017

Studie über Effekte der Flüchtlingsmigration in Deutschland
Kölner Konjunkturprogramm
Dirk Meyer

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat die „Gesamtwirtschaftlichen Effekte der Flüchtlingsmigration in Deutschland“ analysiert. Die Studie ist wissenschaftlich fundiert, aber durch die gesetzten Annahmen und die Bewertung der Ergebnisse sowie durch mediale Verkürzung können Halbwahrheiten zu falschen Schlußfolgerungen verleiten.

„Die Flüchtlingszuwanderung kann einer Studie zufolge das deutsche Wirtschaftswachstum ankurbeln“, meldete am 15. Januar die Deutsche Presse-Agentur. Nach IW-Berechnungen könne „das Bruttoinlandsprodukt durch den Zustrom Hunderttausender Menschen bis 2020 um insgesamt rund 90 Milliarden Euro steigen. Das IW schätzt den BIP-Zuwachs in diesem Jahr auf rund 0,4 Prozent. Bis 2020 könnte sich dieser Effekt auf knapp ein Prozent jährlich erhöhen“.

Tatsächlich entsteht ein Nachfrageeffekt (JF 47/15) durch die staatlichen Ausgaben pro Flüchtling von 12.000 Euro jährlich für Unterbringung, Sprach- und Schulungskurse sowie Gesundheitskosten, soweit die Zuzügler beschäftigungslos sind. Bei 890.000 (2015) und 320.000 (2016) Flüchtlingen ergeben sich Mehrausgaben von 14,5 Milliarden Euro, die das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhen, ohne daß die Frage der Mittelherkunft gestellt wird. Hinzu kommt, daß bei einem Importanteil der Verausgabungen von 40 Prozent nur 8,7 Milliarden Euro im Inland verbleiben, der Rest ist ein Konjunkturprogramm für das vornehmlich europäische Ausland.

Der mediale dominante Hinweis auf diesen vordergründigen konjunkturellen Effekt läßt außer acht, daß bei einem zukünftig angenommenen Zustrom von jährlich etwa 200.000 Flüchtlingen laut IW-Studie das Einkommen pro Kopf der Bevölkerung von 2016 um 400 Euro (1,0 Prozent) und bis 2020 um 800 Euro (1,8 Prozent) fallen wird. Die wesentliche Ursache besteht in dem zunehmenden Familiennachzug durch Frauen und Kinder mit insgesamt geringerer Erwerbsneigung.

Die langfristigen Effekte auf das Wirtschaftswachstum (Potentialeffekt) hängen zentral von den Annahmen über die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt ab. Die IW-Studie geht davon aus, daß 50 Prozent eine Erwerbstätigkeit anstreben. Die andere Hälfte sind Kinder, Alte und Frauen, die sich um die Erziehung kümmern. 20 Prozent der Erwerbswilligen, also zehn Prozent aller Flüchtlinge, sollen danach bereits im ersten Jahr einen Arbeitsplatz finden. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit ist die Beschäftigung von Flüchtlingen aber nur um 51.000 (4,2 Prozent) auf der Basis der in den vergangenen beiden Jahren Zugewanderten gestiegen. Der „Wachstumsschub“ beruht auf fragwürdigen Annahmen und paßt eher zur Kategorie „Fake News“.

IW-Studie „Gesamtwirtschaftliche Effekte der Flüchtlingsmigration in Deutschland“:  www.iwkoeln.de/