© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/17 / 20. Januar 2017

Grüße aus Rom
Eine Stadt bröckelt
Paola Bernardi

Enttäuscht liest die kleine Touristengruppe das Schild „Geschlossen“ am Portal von Sankt Ivo alla Sapienza im Herzen Roms. Kein Hinweis, wann die berühmte Kirche von Borromini wieder geöffnet wird. Als im Oktober vergangenen Jahres die Erde bebte und Mittelitalien wiederum schwer erschüttert wurde, da spürte man die Beben bis hinein in die Hauptstadt. 

Jetzt legte das Denkmalamt eine dramatische Schadensbilanz vor: 41 der bekanntesten Baudenkmäler Roms wurden beschädigt. Unter ihnen ist auch die Kirche Sankt Ivo alla Sapienza. Sie wurde sofort für den Publikumsverkehr geschlossen. Auch die populäre Kirche Santa Maria in Trastevere, wo am Weihnachtstag an langen Tischen die Bettler und Obdachlosen Roms zum Mahl eingeladen werden, zeigt schwere Schäden.

Noch schlimmer als die Naturkatastrophen klingt die Nachricht der Superintendanz.

Doch nicht nur Roms schönste Kirchen wurden in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch zahlreiche Palazzi und Galerien. So der Palazzo Dora Pamphilj, wo täglich die Besucher Schlange stehen, um die Gemälde von Tizian, Tintoretto und Caravaggio zu bewundern. Überall zeigen sich Risse in Decken und an Säulen, Stuck löst sich von den Wänden und das Gestein bröselt. Die römische Stadtmauer, die Aurelianische Mauer, die längste antike Mauer Europas, bröckelt nicht nur, sondern jetzt stürzt sie stückweise ein.

Italiens Weltkulturerbe ist in Gefahr. Fast noch schlimmer als die Naturkatastrophen klingt die Nachricht der zuständigen Superintendanz. Die Kassen seien leer und es gäbe keinen einzigen Euro für die Restaurierungen. Nicht nur Wirtschaftskrise, sondern vor allem Kompetenzgerangel innerhalb der Ministerien führten diese trostlose Situation herbei. Mal werden die „Schönen Künste“ mit der Archäologie zusammengelegt, dann wieder getrennt. Ein Gesetz zur Erhaltung von Kulturgütern wird von Politikern so lange mit Änderungen traktiert, bis der nächste Regierungschef da ist. 

Die Gefahr für Rom, diesen Fixpunkt der europäischen Kunstszene schlechthin, der in all den Jahrhunderten die besten Architekten, Maler und Bildhauer magisch angezogen hat, sind nicht nur Naturkatastrophen, sondern die ausbeuterische Politikerkaste. So erzielte das durch Privatinitiative (Unternehmer Diego Della Valle) restaurierte Kolosseum allein 40 Millionen Euro Einnahmen an Eintrittsgeldern – doch diese Millionenbeträge sind in den Ministerien versickert. Null Euro für Restaurierung.