© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/17 / 13. Januar 2017

Grüße aus Hong Kong
Bloß nicht nach Peking
Reinhard Renneberg

In Peking ist Smog-Alarm normal. Ich fahre im Winter deshalb nicht hin. Der unerträgliche Dunst nimmt in China immer bedrohlichere Formen an. Der Feinstaub in der Luft übersteigt die WHO-Grenzwerte um das 26fache! Zu den Olympischen Sommerspielen 2008 wurden die schlimmsten Dreckschleudern stillgelegt. Privatautos durften nur alle zwei Tage fahren, je nach der Kennzeichen-Nummer – gerade oder ungerade.

 Nun gibt es neue Nachrichten: Antibiotika-resistente Bakterienstämme. Bedenkenlos werden in China Menschen und Nutztiere mit billigen Antibiotika vollgepumpt – damit die einen schneller mastreif, die anderen schneller gesund werden. 

„Ein Glück nur, daß selbst die Regierung in Peking auch atmen muß.“

Schwedische Untersuchungen an 864 DNA-Proben von Mensch und Tieren ergaben, wie viele Antibiotika-Resistenz-Gene (ARG) darin sind. Das heißt: Gegen Bakterien mit ARGs ist kein medizinisches Kraut gewachsen. Der Spitzenreiter war keine Überraschung: Peking. 64 verschiedene Typen von ARGs in Umweltproben von fünf Tagen mit Smog im Januar 2013. Die Bakterien sitzen übrigens auf Ruß-Partikeln in der Luft. 

Für 2050 werden für China immerhin eine Million Opfer von solchen Keimen pro Jahr vorhergesagt. Hotspots der Resistenz waren bisher die Krankenhäuser. Die US-Botschaft in der chinesischen Hauptstadt hat auf ihrem Dach schon Luftmeßgeräte installiert. Die ermittelten Luftwerte veröffentlichen die Amerikaner über Twitter und auf www.bjair.info.

 Die Messungen seien technisch nicht korrekt, sagt der wortkarge Vizeumweltschutzminister Wu Xiaoqing, sie sollten nicht mehr veröffentlicht werden. Meine Gaststudenten sagen mir: „Ein Glück nur, daß selbst die Regierung in Peking auch atmen muß.“ 

Fang Li, Vizedirektor des Pekinger Umweltschutzbüros erklärte aber, die Luft habe sich seit einem Jahr dramatisch verbessert. 476.000 ältere Autos wurden nicht wieder zugelassen. Hunderttausende sollen folgen. Die Benzinqualität sei deutlich besser geworden. Viele Fabriken wurden von Peking weit weg verlegt. Und: Tage mit blauem Himmel und guter Luft wechseln sich mit extrem schlechten Tagen ab. Tendenziell wird es besser, das sagt sogar Greenpeace. Jeder kann die Luftwerte der US-Botschaft via VPN-Kanal sehen. Die Werte der chinesischen Regierung bewegen sich parallel. Für etwa 50 Euro kann sich jeder verläßliche Meßgeräte kaufen – die sind nicht verboten.