© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/17 / 13. Januar 2017

„Die Kollegen tauchten ab“
Jost Bauch: Gemobbt und herausgedrängt
Christian Rudolf

Herrr Professor Bauch, Sie lehrten Medizinsoziologie an der Universität Konstanz. Klingt unpolitisch. Was war der Stein des Anstoßes?

Jost Bauch: Die Autorschaft in dieser Zeitung. Wissen Sie, ich war ein braver, lieber Soziologe, der in seinem Fach forschte und als außerplanmäßiger Professor gutbesuchte Blockseminare gab. Über das Problem, was aus dem Umlageverfahren der Krankenversicherung wird, wenn die nächste Generation ein Drittel kleiner ist, kam ich zur Demographie. Ich mußte erkennen: Zuwanderung hilft nicht. Und: Die Deutschen sterben aus. Daraus entwickelten sich gesellschaftspolitische Fragen. Deutschland kann in 50 Jahren eine muslimische Mehrheit haben. Diese Gedanken und die Prognose einer kommenden Multiminoritätengesellschaft stellte ich über Jahre in Artikeln der JUNGEN FREIHEIT dar.

Haben Sie sich denn in Lehrveranstaltungen politisch geäußert?

Bauch: Überhaupt nie. Nichtsdestotrotz betrete ich eines Tages die Universität, will mein Seminar zur Gesundheitssoziologie geben, da hängen überall Steckbriefe. Aber wirklich in der ganzen Uni. „Nazi-Dozent“ stand da drauf. Mit meinem Konterfei. Vor meinem Raum 20 Studenten. Schweigend. Der Saal mit Steckbriefen vollgeklebt, alle Tische umgestoßen, an der Tafel Parolen gegen mich.

Wie haben Sie sich verhalten?

Bauch: Die Grunderfahrung war: Kein Rückhalt, nirgends. Es hat ja niemand in der Sache mit mir diskutiert. Die lieben Kollegen, mit denen ich per Du war, tauchten alle ab. Der Rektor Ulrich Rüdiger hat sich stets verleugnen lassen. Mehr noch: Er ließ über sein Justiziat prüfen, mir die Lehrbefugnis zu entziehen. Der linke AStA trommelte zu einer Versammlung, die den Beschluß faßte, mich vom Dienst suspendieren zu lassen. Der örtliche Südkurier schoß gegen mich.

Ihre Lehrtätigkeit in Konstanz haben Sie eingestellt.

Bauch: Ich hatte schlichtweg Angst. Sie war mein ständiger Begleiter.

Sie waren auch andernorts Dozent.

Bauch: An der Hochschule Neubrandenburg lehrte ich Soziologie. Das überlappte sich zeitlich mit Konstanz. Man bekam wohl Wind, denn plötzlich kam der Dekan auf mich zu und sagte, man könne mich nicht mehr beschäftigen, die Frauenbeauftragte sei dagegen. Das war natürlich geschickt gemacht. Und dann war ich raus.

Eine besondere Erfahrung machten Sie an der Kolping-Akademie in Köln.

Bauch: Tja, schon unter Kardinal Meisner hatte sich eine linke Nomenklatura herangebildet. Ungeachtet dessen, daß ich über viele Jahre einen von mir konzipierten Kurs Gesundheitsmanagement gab, bekam ich unvermittelt einen Brief. Meine Ansichten seien mit christlichen Grundideen nicht zu vereinbaren. Mein Vertrag wurde nicht wieder verlängert. Ich hatte praktisch Berufsverbot.






Prof. Dr. Jost Bauch, Jahrgang 1949, ist Experte für Medizin- und Gesundheitssoziologie und hat zahlreiche Bücher und wissenschaftliche Aufsätze publiziert. Durch die Angriffe verlor er Lehraufträge und Dozententätigkeiten. Seit 2004 schreibt er gelegentlich für diese Zeitung. Bauch führt in einer Doppelspitze das Studienzentrum Weikersheim.