© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/17 / 13. Januar 2017

Aufgeschnappt
Veggie in die Rente
Matthias Bäkermann

Die Kochkunst in der Kantine des Berliner Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg ist beliebt. „Ich komme wegen der guten Eintöpfe, die gibt es sonst nirgends“, schwärmt ein Stammgast; andere rühmen den Ausblick aus dem 10. Stock des Siebziger-Jahre-Hochhauses auf die Mitte der Hauptstadt: „Das Panorama ist einfach toll.“ 

Auch Jürgen Palla genießt den weiten Blick, wenn beim morgendlichen Schichtbeginn in der Küche der Himmel über Berlin schwarz zu blau wird. Seit 1987 bewirtet Palla Verwaltungsangestellte, Anwohner und auch Touristen, die sich nach Currywurst, Schnitzel oder Rinderrouladen drängeln. „Hausmannskost und schwäbische Küche kommen am besten an“, verrät der Kantinenpächter dem Tagesspiegel. Doch nach dreißig Jahren soll am 30. Juni Schluß sein. „Irgendwann ist die Motivation weg“, klagt der 63jährige und spielt auf eine Petition an, wonach in allen öffentlichen Einrichtungen des Bezirks täglich mindestens ein veganes Gericht angeboten werden muß. Und daß dieses Begehren wohl durchgehen wird, davon gehen alle in diesem linksalternativen Biotop aus, wo SPD, CDU, AfD und FDP zusammen weniger Sitze als die Grünen haben. „Das tue ich mir nicht an“, so Palla, „da könnte ich ja gleich einen Korb voll Möhren hinstellen.“