© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Haltungsnote
Ein nationales Ereignis
Christian Rudolf

Er war das erste Opfer des Mordanschlags auf den Berliner Adventsmarkt: Lukasz Urban – der Fahrer des LKWs, den der tunesische Attentäter entführte und für sein Verbrechen benutzte. Am letzten Freitag des vergangenen Jahres wurde Urban in seiner Gemeinde Bahn (Banie) beerdigt. Der Blick über die Oder gibt zu denken: Während die deutsche Politik gleichsam geschäftsmäßig den lästigen Anschlag abhakt und die deutschen Opfer vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben, fühlt ganz Polen mit dem Opfer mit, wird die Beerdigung des Kraftfahrers zum nationalen Ereignis. Urban wird als Held verehrt, weil er mit dem Attentäter gekämpft haben soll. An der Trauerfeier in der hinterpommerschen Kleinstadt nimmt Staatspräsident Andrzej Duda teil, der vor dem weißen Sarg niederkniet. Der Stettiner Bischof predigt, Ministerpräsidentin Beata Szydlo läßt durch ihre Kanzleichefin einen Brief verlesen. „Herr Urban starb in Ausübung seiner schweren und entbehrungsreichen Arbeit, die seiner Familie ein würdiges Auskommen sicherte.“ Auf Entscheidung der Regierung erhalten die Hinterbliebenen eine spezielle Rente. Brummifahrer eskortieren mit ihren LKWs den Sarg, 300 Menschen geben dem Toten das letzte Geleit. So sieht eine Nation aus.