© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Die steuerliche Behandlung negativer Einlagenzinsen
Abzug ohne Begrenzung
Dirk Meyer

Die Banken stehen unter Druck. Seit Juni 2014 erhebt die EZB Strafzinsen auf geparktes Geld – derzeit 0,4 Prozent. Negativzinsen seien Privatkunden allerdings nicht vermittelbar, sagen Banken und Sparkassen. Doch was bei Firmenkunden bereits gängige Praxis ist, wird dennoch diskutiert. Im November 2016 erhoben bundesweit neun Genossenschaftsbanken und Sparkassen Negativzinsen in EZB-Höhe: Pro 10.000 Euro jährlich 40 Euro. Eine andere Methode sind höhere Gebühren bei Tagesgeldkonten, die per Saldo auch zu einer Negativrendite führen. Aber können diese Kosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden?

Steuerrechtlich gäbe es drei Möglichkeiten: Zinsen seien „Vergütungen für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals“, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) 1987. Danach ist der Zins das Entgelt für eine wirtschaftliche Leistung, nämlich für den zeitlichen Verzicht des Gläubigers auf die eigene Nutzung der Liquidität.

Bei Negativzinsen wird der Leistungsgedanke als wirtschaftliches Nutzungsentgelt für die Überlassung von Kapital ins Gegenteil verkehrt: Der Kreditnehmer erbringt die Leistung der Entgegennahme und der Verwahrung der Einlage. Deshalb ist der Umkehrschluß, eine Zinsverbindlichkeit des Gläubigers könne ertragsteuerlich als steuermindernder Zinsaufwand geltend gemacht werden, nicht durch das Steuerrecht abgedeckt (Paragraph 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz/EStG).

Zweitens könnte eine Behandlung ähnlich den „Stückzinsen“ beim Kauf eines festverzinslichen Wertpapiers erfolgen. Hier zahlt der Erwerber – versteckt im Kaufpreis der Anleihe – an den Veräußerer Zinsen, die auf die Zeit vom letzten Zinstermin bis zum Tag der Veräußerung entfallen. Was der Verkäufer entsprechend als Zinsertrag angeben muß, mindert beim Käufer die Steuerschuld als negativer Zinsertrag. Eine Saldierung von Zinseinkünften findet beim Negativzins jedoch nicht statt. Vielmehr ist er vorher vereinbart und für die Dauer der Einlage an den Schuldner zu entrichten.

Drittens bleibt die Behandlung des Negativzinses als eine Art Gebühr. Entsprechend hat das Finanzministerium (Erlaß vom 27. Mai 2015) entschieden: „Wirtschaftlich gesehen handelt es sich vielmehr um eine Art Verwahr- oder Einlagegebühr, die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten vom Sparer-Pauschbetrag gemäß Paragraph 20 Absatz 9 Satz 1 EStG erfaßt sind.“

Für viele Haushalte dürfte der Pauschbetrag von 801 Euro beziehungsweise 1.602 Euro pro Jahr bei Zusammenveranlagung ausreichen. Sollte allerdings zusammen mit den Depotgebühren und anderen Werbungskosten diese Grenze überschritten werden, wären keine weiteren Abzüge möglich. Ein Vorschlag wäre: Den Werbungskostenabzug ohne Begrenzung zulassen.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.