© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

Streit um den WTO-Marktwirtschaftsstatus von China
Drohende Vergeltung
Albrecht Rothacher

Als China vor 15 Jahren in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen wurde, freute sich der Westen über den Endsieg des Kapitalismus. Einmal in den Genuß des weltweiten Freihandels gekommen, würden im Reich der Mitte nur noch Privatkonzerne prosperieren. Spätestens 2016 würde China eine richtige Marktwirtschaft nach WTO-Recht werden. Angebot und Nachfrage würden Preise, Löhne und Investitionen bestimmen. Reich gewordene Kapitalisten würden auf Vertragstreue und Eigenverantwortung bestehen und die KP-Reformer zugleich demokratische Verhältnisse durchsetzen.

Doch noch immer planen KP-Kader die Wirtschaftsentwicklung, kontrollieren die staatlichen Schlüsselindustrien und die Großbanken. Die Partei muß zu Investitionen von Ausländern im Lande wie zu den von Chinesen im Ausland ihren Segen geben. Als VW in seinem wichtigsten Exportmarkt 2013 den Befehl erhielt, ein sechstes, absehbar unproduktives Werk in Ostturkestan (Xinjiang) zu errichten, so hatte es dieses zu bauen – Punkt. Das Attribut „Marktwirtschaft“ ist kein Symbolismus, sondern er ist für die Festsetzung von Anti-Dumping-Strafzöllen entscheidend. Bislang reicht es für die EU und die USA, die Produktionskosten und Verkaufspreise vergleichbarer Länder heranzuziehen und die Margen zu berechnen, mit den China unter Kosten exportiert, um seine Mitbewerber auszuschalten.

Gerade im Stahlsektor (JF 10/16) ist das Problem akut. Zwar gibt es Anti-Dumping-Verfahren gegen Produkte aus Marktwirtschaftsländern, nur sind diese enorm aufwendig. Wer kann schon bei Hunderten von chinesischen Stahlkochern die doppelte Buchführung vor Ort monatelang prüfen und das Ergebnis der Einspruchsverfahren abwarten? China hat schon prophylaktisch Vergeltungsmaßnahmen angedroht. Wenn die bei Donald Trumps Amtseinführung kommen sollten, dürfte es heiter werden. Nur ist in Europa keiner in Sicht, der den hartgesottenen Kommunisten den Schneid abkaufen könnte.